1&1 kassiert zu Unrecht

Gestern nachmittag bekam ich eine E-Mail von 1&1.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der letzte Lastschrifteinzug ist leider fehlgeschlagen. Anhängend senden wir Ihnen ein im PDF-Format (ruecklastschrift.pdf) erstelltes Dokument, mit der Bitte, die dort aufgeführten und offenstehenden Forderungen auszugleichen. Unter www.1und1.de/bankeinzug können Sie schnell und einfach einen erneuten Lastschrifteinzug veranlassen und Ihre Bankverbindung aktualisieren.

Melden Sie sich dazu bitte unter www.1und1.de/bankeinzug mit Ihren 1&1 Zugangsdaten an. Mit freundlichen Grüßen 1&1 Internet AG

Ich war ein bisschen verunsichert, was denn jetzt das solle. Kundennummer? Es war ganz eindeutig keine Fakemail, sondern kam tatsächlich von der 1&1 Kundenbetreuung. Allerdings haben wir keinen Zugang mehr zu 1&1. Schon länger nicht.

Im Anhang das PDF geöffnet, ergab sich als Adressat: Bündnis 90/Die GRÜNEN KV Ettlingen + meine Heimadresse. Ich war mal Kreisvorsitzender des KV gewesen. Ich suchte also in meinem Maileingang 1&1-Mails, die ich womöglich übersehen hatte. Und siehe da – am 4. April hatte ich zwei(!) E-Mails bekommen: Webhostinggebürhren für ein halbes Jahr, dazu eine Einrichtungsgebühr. Nun war meine Vermutung zunächst, dass sich da jemand mit meinen Daten eine Domain angemeldet hatte.

Ich rief also bei der Kundenbetreuung an.  Das übliche, wenn man mit 1&1 telefoniert: zunächst ein freundlicher Mensch, der es nicht schaffte, mich in die richtige Abteilung zu verbinden. Dafür flog ich aus dem System. Erneuter Anruf, endlich die richtige Abteilung am Telefon, dafür eine Dame, die, als ich darauf beharrte, dass ich damit nichts zu tun habe und ich bitte Hilfe benötige, um das aus der Welt zu schaffen, einfach auflegte.

Beim dritten Versuch dann endlich eine sächselnde Dame, die freundlich und kompetent war – und sich erinnerte, das es vor wenigen Tagen intern  eine Information gegeben hatte, dass es ein technisches Problem gäbe, man aber an der Behebung arbeite. Es sind aus Versehen alte Accounts reaktiviert worden. Bei beiden Webhostingverträgen, die da reaktiviert wurden,  handle es sich nur um Hülsen ohne Zuweisung von Domains. Sie hat alles vermerkt, die Zahlungserinnerung gelöscht. Soweit sogut.

Das eigentliche Problem daran: 1&1 hat einfach versucht abzubuchen. Das Konto des grünen Kreisverbandes gibt es nicht mehr, von dem damals abgebucht wurde. Deshalb gab es eine Rücklastschrift. Mein Konto, mit dem ich damals privat dort registriert war, das gab es noch. Und tatsächlich hatte 1&1 am 4.4. von diesem Konto 45,74 € abgebucht. Und obwohl der Fehler intern bekannt war, wurden die Kunden (und Exkunden), denen das passiert war, nicht informiert. Ich hatte die Abbuchung übersehen, weil ich ein Bankingprogramm nutze und dachte, das wäre die Abbuchung für den Internetzugang meiner Frau in ihrer Ergotherapiepraxis – ich rufe alle Konten mit dem Programm ab.

Ich frag mich gerade, wie viele Exkunden noch bezahlt haben – und es nicht gemerkt haben. Ich frage mich, wie viele Verträge da aus Versehen reaktiviert wurden. Ich frage mich, wie viele Exkunden die E-Mail mit der Reaktivierung gar nicht erhalten haben, weil es die Mailadresse nicht gibt. Und ich frage mich: wo bleiben die Presseberichte von 1&1, die ihre Kunden und Exkunden darüber informieren, dass sie einen erheblichen Abbuchungsfehler haben und eventuell Geld abgebucht haben, das ihnen nicht zusteht. Ich hab übrigens keine Gutschrift bekommen – ich musste der Abbuchung widersprechen. Ich frage mich also: wie viel Geld hat 1&1 zu Unrecht kassiert und hat nun, obwohl sie über diese Tatsache Bescheid wissen,  seit 4.4. keinerlei Maßnahmen ergriffen, dieses Geld zurückzubezahlen – im Gegenteil – mahnen sogar noch Beträge an?

Update: 13:39

Ich erhalte eine Mail mit folgender Nachricht:

Sehr geehrter Herr Rupp,

ich schreibe Ihnen heute, aufgrund Ihres Tweets. Gerne habe ich mich der Sache angenommen.

Der Vertrag 1&1 Home 5.0 wurde 2004 bestellt und bisher offenbar nicht genutzt. Die damals bestellte Domain wurde ebenfalls wieder storniert.

Was ist nun passiert?
Im System waren die Verträge aus technischer Sicht nicht gekündigt. Durch eine automatische Bereinigung der Datenbank ist der Rechnungslauf wieder aktiviert worden. Aus kaufmännischer Sicht ist dies natürlich nicht richtig und war unsererseits nicht gewollt. Es tut mir leid, dass es hierbei zu Unannehmlichkeiten gekommen ist.
Betroffen ist ein sehr kleiner Kundenkreis. Wir ermitteln sie und werden die Forderungen selbstverständlich ausbuchen, sowie die nicht genutzten Verträge auch im System korrekt kündigen.

Dies habe ich bei Ihnen nun durchgeführt. Bitte betrachten Sie alle bisher an Sie gegangen Mahnungen als gegenstandslos.

Herr Rupp, bitte Verzeihen Sie die Unannehmlichkeiten.

Mit freundlichen Grüßen

M L
1&1 Internet AG

Ich weiß nicht genau, was „technisch nicht gekündigt“ ist. Ich vermute mal, die damaligen Verträge hatten nur einen Kündigungsvermerk. Klingt, als hätte jemand die Datenbank bereinigen wollen, der Kündigungsvermerk wurde heraus genommen und die Verträge reaktiviert – denn wo wären denn dann bei der einen Domain nach 10 Jahren die Rechnung gekommen – und woher kommt die Einrichtungsgebühr von 9,80 €?

Davon abgesehen – ich bin immer noch nicht sicher, ob damit automatisch Beträge zurückerstattet werden. Klar, es werden Forderungen ausgebucht – aber was ist mit dem Geld, dass sie ungerechtfertigt eingenommen haben? Und wie viele Zinsen haben sie in den letzten 10 Tagen verdient? Und behalten sie die?

Update 16.04.2014 16:06:

Heute habe ich für die 45,74 €, die ich mir zurückgeholt habe, eine Zahlungserinnerung erhalten.

laut vertraglicher Vereinbarung werden die Entgelte, die durch die Nutzung der Dienstleistungen von
1&1 Internet AG entstehen, über das bequeme Einzugsverfahren (Lastschrifteinzugsverfahren oder
Kreditkarte) beglichen. Leider konnte der letzte Einzug nicht erfolgreich durchgeführt
werden, da Sie der Abbuchung widersprochen haben.

obwohl die freundliche Mitarbeiterin mir am Dienstag zugesichert hatte, dass die Sache erledigt wäre. 1&1 hat also auch nach weiteren zwei Tagen nichts unternommen, um den ungerechtfertigten Zahlungslauf zu stoppen. Offenbar ist es ihnen auch egal, dass sie ungerechtfertigt Geld eingezogen haben. Mit seriösem Geschäftsgebaren hat das jedenfalls nichts mehr zu tun. Die Mitarbeiterin am Telefon, die ich deshalb angerufen habe, sagte mir jedenfalls, dass es viele Anrufe deshalb gegeben habe – nichts von wegen „kleiner Kundenkreis“ also, wie mir gegenüber behauptet und offenbar auch keine Lappalie. Ich hoffe mal, dass ich jetzt eine Gutschrift erhalte – wie für den anderen Account.

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Danke für die ausführliche Info. Ich hoffe sehr, dass dieses Problem nicht auf meine Verträge zutrifft.

doktorkohl

Erschreckend, wie im digitalen Zeitalter die Fehlerquote sich erhöht hat. Leidtragende sind Menschen, die weder Zeit, noch Lust haben, sich mit jedem Furz auseinanderzusetzen. So entstehen soziale Ungerechtigkeiten der digital Wissenden zu den digital Unwissenden weltweit. Ob im 1&1-Falle Vorsatz im Spiel war, wissen wir nicht. Aber es stinkt uns zu Recht, wenn die Moral in unserer Gesellschaft offenbar schlechter geworden ist. Ich habe gute Erfahrung damit gemacht, Widersprüche einzulegen. Und auch die Drohung mit Anwälten oder Pressearbeit wirkt oft Wunder.

Aljoscha Rittner

Moin!

Da das Kontaktformular nicht funktioniert, hier rüber meine Warnung:

Die Seite ist mit #Heardbleed verwundbar. Da sollte man mal den Provider informieren.

Beste Grüße!

[…] jemals bei 1&1 war, sollte unbedingt seine Kontoauszüge kontrollieren: https://joergrupp.de.195-34-167-82.acc120.lands-concepts.com/1und1-kassiert-zu-unrecht/ #fb /via […]

[…] 1&1 kassiert zu unrecht […]

nullminusnull

Für 1 und 1 sollte man in jeder beziehung nur eine Gangart anwenden:

1. Verbraucherzentrale Rechtsanwalt, sofort nochmals fristlos kündigen und betrugsverdacht äussern.

2. Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen versuchten betruges stellen

VolkerT

Hallo liebe Gemeinde,
ich war mal bei 1&1 gelistet und habe dann den Vertrag gekündigt und die bestätigung auch erhalten.
Aber:
Nach 2 Jahren kam erneut eine Abbuchung, Widerspruch, Rückholung, Strafandrohung, Inkassoverfahren.
Ich habe den gesagt, das ich das Inkassoverfahren sehr locker sehe und die Kosten in die Höhe treiben will.
Nach vielen Anrufen vom Inkasso und 1&1 haben sie mich wohl nach 3 1/2 Jahren endlich aus der Liste gestrichen.
Was sagt uns das?
Die Betragskündigung und die Bestätigung von 1&1 nie, ich widerhole -nie- vernichten. 1&1 kommt irgendwann mal wieder und kloppt an das Konto an.
Gruß
VolkerT

Dana K.

man man man die denken die können die Leute ausnehmen wie eine Weihnachtsgans.mein Schatz hatte im Okt.2014 seinen Vertag bei 1&1 rechtzeitig gekündigt und hat eine Bestätigung hierzu erhalten.auf einmal kommen Mahnungen über Mahnungen trotz Bestätigung.werden jetzt einen Widerspruch einlegen und hoffen das dann damit die Sache erledigt ist.könnte natürlich auch Wunschdenken sein.
schauen wir mal lg Dana

john

Genau so einen Fall erlebe ich gerade, 18 Monate kein Kunde mehr bei
1&1 und jetzt kommen Rechnungen für 2014/15. Rückbuchung aller Abbuchungen, Gang zum Rechtsanwalt.
Schauen wir mal wie sich die Sache entwickelt.

Mahnungen sind auch schon da, wobei das alles Automatismen sind.
lg JohnDoe

[…] Hotline, sondern auch, wie die Menschen im Interesse ihres Unternehms und ihrer Kunden handeln. Mit 1&1 habe ich schon schlechte Erfahrungen gemacht – die sich nun erneut bestätigt […]