CIty-Maut

Große Aufregung. Der grüne Verkehrsminister hat laut über die City-Maut nachgedacht und dafür eine gesetzliche Regelung des Bundes eingefordert.

Ziel einer City-Maut sei, Staus und Umweltprobleme in Ballungsräumen zu verringern und Einnahmequellen für einen besseren Nahverkehr zu schaffen, sagte Hermann. […]

Auch in Mannheim, Karlsruhe und im Großraum Reutlingen/Tübingen könne er sich vorstellen, mit einer Gebühr den Nahverkehr voranzubringen. In ganz Deutschland hält Hermann 10 bis 20 Ballungsräume für geeignet.

Bis dahin kann ich das teilen – wenn er nicht ein elektronisches System fordern würde. Allerdings fordert er ja explizit – das scheint wieder völlig überlesen worden zu sein, dass vor der Einführung der Maut andere Maßnahmen, darunter

ein Tempolimit auf 40 Stundenkilometer, Internetsysteme für Ad-Hoc-Mitfahrgelegenheiten, sichere Parkplätze für Fahrräder und Ausleihsysteme für Elektro-Fahrräder.

eingeführt werden müssten. (Internetsysteme für Mitfahrgelegenheiten gibts ja schon) Trotzdem entsteht natürlich sofort eine Debatte – die wieder wunderbar offenbart, wo die ökologischen Bremser sitzen, wenn es um Autoverkehr geht. Die Lenkungswirkung von Geldzahlungen ist sicherlich unbestritten, trotzdem bleibt die Frage, was das alles überhaupt soll. Ich habe mich schon 2010 gegen eine generelle Maut ausgesprochen. Und auch die City-Maut halte ich für unnötig wie ein Kropf. Es gibt andere Lenkungsmittel.

Winne Hermann möchte ja drei Dinge erreichen: erstens weniger Verkehr, zweitens das eingenommene Geld für den Ausbau ökologischeren Verkehrs nutzen, drittens die Internalisierung der externen Kosten – so sieht da auch Valerie Wilms, Sprecherin der Bundestagsfraktion für Bahnpolitik,  Nachhaltigkeitsbeauftragte und Berichterstatterin für Maritime Politik. Dafür benötige ich aber kein elektronisches System, das im schlimmsten Fall für eine Totalüberwachung des fließenden Verkehrs geeignet wäre – auch wenn solche Vorhaltungen durch keinerlei Vorkommnisse bei Toll-Collect belegt wäre – aber die Möglichkeit bestünde. Darüber hinaus sollen ja die Mitfahrer mit erfasst werden.

Es gibt Alternativen. Leider geht dann die zeitliche und personen- bzw. fahrzeugbezogene, als gerechter empfundene Bepreisung verloren. Der Preis scheint mir jedoch angemessen. Man könnte aber erstens die Vignetten für die Umweltzone mit einem Mautaufschlag belegen. Je nach Schadstoffklasse des Fahrzeugs teurer oder günstiger. Eine weitere Alternative wäre die Bepreisung über den Parkraum. Dazu müsste eine Gebühr pro Stellplatz erhoben werden und der Parkraum verknappt werden. Wenn ausreichend Personal zur Überwachung des ruhenden Verkehrs vorhanden wäre und Verstöße mit hohen Strafen belegt würden, hätte man hier nicht nur die notwendigen Einnahmen, sie blieben auch bei der Gemeinde und könnten als Abgabe gezielt in den Ausbau alternativen Verkehrs geleitet werden. Und die Einführung wäre günstiger und schneller zu bewerkstelligen, es flössen keine Gelder an externe Unternehmen. Und es gäbe kein Überwachungsinstrument. Ich denke, in der Abwägung sollte man sich für ein nicht-elektronisches System entscheiden. Härten kann man ausgleichen – bspw. über Rabatte für Monatskarte für Pendler_innen oder einem gesenkten ÖPNV-Preis, der es so attraktiv macht, das eh keiner mehr mit dem Auto pendeln will. Die Verkehrszunahme ist immens. Straßenbau und -erhalt so teuer, dass das Geld besser angelegt werden kann.  Höhere Betriebskosten werden dazu führen, dass die Menschen kleinere Autos kaufen bzw. der Druck auf die KFZ-Hersteller wächst, spritsparende Modelle herzustellen. Und attraktivere Alternativmodelle werden solche Anreize schaffen, dass wir über die City-Maut nicht mehr reden müssen. Ohne Anreizsysteme gehts nicht, ohne Preisdruck aber auch nicht. Wobei ersteres im Vordergrund stehen sollte – also wenn man Geld in die Hand nähme, dann zur Förderung von Alternativen.

Dass Verkehrsminister und Ministerpräsident große Fans von elektronischen Systemen sind bedeutet aber, dass wir hier als Partei noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Bisher gibt es keine Parteibeschlüsse dazu. Dies so zu erhalten, ist für mich ein klarer Auftrag. Und über die Aufklärung der Datenschutz- und Überwachungsproblematik – die zu eindimensional, nämlich über gerechte Lenkungswirkung betrachtet wird – auch die nicht ganz so sexy wirkenden Alternativen als Mautsystem zu installieren – sofern überhaupt eines kommt.

Ein letztes Wort: gestern abend habe ich mich mit einem Mitglied der Piratenpartei darüber unterhalten. Er fragte mich, wie wir eine solche Maut umsetzen wollten. Mich in einem Gespräch wähnend, antwortet ich: es gäbe verschiedene Systeme, von Kameras bis hin zu Vignetten. Und mich für keine aussprach. Ich dachte ja, das Gespräch ginge noch weiter. Woraufhin dieser Mensch daraus resultierend sofort verbreitete, ich würde Kameras fordern. Schlechter Stil.

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