Fasching und der liebe Alkohol

am 11.11. um 11:11 Uhr beginnt die 5. Jahreszeit – die Fastnachts/-Faschings-/Karnevalskampagne. Bis Ende Januar/Anfang Februar bekommt davon meist wenig mit, dann beginnen die Umzüge. Nicht nur an den sogenannten „närrischen“ Tagen, sondern meist weit davor, vor allem hier in der Gegend. In den letzten Jahren haben sich zudem als Publikumsmagnet sogenannte Nachtumzüge heraus kristallisiert – bei denen es jedoch leider immer wieder zu Saufgelagen kommt, vielfach junge Menschen schon angetrunken dort erscheinen und dementsprechend auffallen. Oft genug geht das dann mit gewalttätigen Auseinandersetzungen, Pöbeleien, Krankenhausaufenthalten einher. Ganz aktuell gab es einen Vorfall in Bühl:

Gegen 18.30 Uhr waren rund 300 Jugendliche mit einem Regionalzug aus Norden angekommen, die allesamt versuchten, den einzigen Linienbus in Richtung Unzhurst zu stürmen. Weil einzelne ‚Fahrgäste‘ bereits Notausstiege zerstörten und sogar auf das Dach des Busses kletterten, war an eine Personenbeförderung nicht mehr zu denken. Weitere ‚Fahrgäste‘ ließen ihren Unmut über den schließlich ausgefallenen Transfer am Inventar des Busses aus. Die hinzugerufene Polizei konnte zwar die eskalierte Situation beruhigen, der Bus allerdings war für eine ordnungsgemäße Personenbeförderung nicht mehr zu gebrauchen.

und zusammenfassend:

Mehrere Anzeigen wegen Köperverletzungsdelikten, zwei Sachbeschädigungen, vier Beleidigungen, ein Diebstahl und drei Gewahrsamnahmen sind die vorläufige Bilanz der Bühler Polizei nach dem Nachtumzug in Unzhurst in der Nacht zum Samstag. Der Hästrägerverein „Wildsäu vom Hungerberg 1998 e.V.“ zogen die Konsequenzen aus ähnlichen Vorfällen am letztjährigen Nachtumzug in Haueneberstein (16.02.2012). Der Umzug findet dieses Jahr nicht mehr statt.

Es ist schon ein schockierend. Aber neben Verboten, Zwangsmaßnahmen und dem großflächigen Einsatz von Alkoholpräventionsteams in Form besorgter Eltern gehört doch etwas Ursachenforschung dazu. 300 Jugendliche kommen mit dem Zug an. Ein Bus (50 Plätze nehme ich an) stehen zur Verfügung. Das nenne ich eine schlechte Vorbereitung, zudem das vermutlich im Zug feststellbar war. Keine Kommunikation zwischen Bahnpersonal und lokalen Behörden/Polizei/Veranstalter. Schlecht. Kann man sich ja eigentlich denken, dass da ein Bus nicht genügt. Sonderbusse wären notwendig gewesen. Nichtsdestotrotz muss man sich fragen, was in eine Horde Jugendliche fährt, die einen Bus deshalb demolieren. Alkohol? Und wieso werden nur einige Personalien aufgenommen? Und nicht alle? Fragen über Fragen.

Eine Antwort könnte heißen: Enthemmung und Kontrollverlust. Und dazu fällt mir ein Gespräch mit einer Schulkameradin ein, das ich vor kurzem bei einem Bier(!) hatte. Da wir beide Kinder in dem Alter haben, in dem wir waren, als wir uns wegen der Schulpflicht noch täglich sahen, haben wir uns zwangsläufig auch über „solche“ Themen unterhalten. Meine großen Söhne trinken auch Alkohol, auch manchmal zu viel (da findet man dann einen morgens auf der Couch statt im Bett). Und einen musste ich mal frische Kleider in die Klinik, wo er zur Entnüchterung war, bringen. „Man“ kennt sich also aus. Wir waren uns einig, dass auch früher Alkohol getrunken wurde. Ich war lange Jahre im Karnevalsverein als Blasmusiker aktiv, Alkohol war da immer ein Thema. Und ja, es konnte nicht immer verhindert werden, dass schon Unter-16-jährige Alkohol tranken, aber ab der Grenze war es dann „normal“. Die Sommer verbrachten wir musizierend und feiernd  in Bierzelten und anderen Festen, Fasching auf den Straßen in der Region und als Gastmusiker auf Prunksitzungen, der Verein unternahm auch mal Ausflüge oder Besuche in Partnerstädten, verbunden mit mehr oder weniger langen Busfahrten. Ich spielte Fußball – auch da war Alkohol trinken gang und gäbe. Meist Bier, aber auch sowas wie „gedopte“ Asbach Uralt – das aber dann eher in der Faschingszeit. Und auch damals gingen schon auf Umzügen an Fasching Schnapsflaschen durch die Reihen.

Ich kann eigene Volltrunkenheit an einer Hand abzählen – für mein ganzes 47-jähriges Leben wohlgemerkt. Ich hatte öfter mal einen Affen, wie man hier sagt.  Aber das war es. Aber meine „alte Bekannte“ und ich waren uns einig – wir kannten unsere Dosis. Weil wir probiert haben. Und es nicht ständig Aktionen gegen Trinken gab, keine moralische Entrüstung, keine Elternaktionen, bei denen Eltern mit irgendwelchen Sprüchen auf Jugendfestivals rumlaufen und aufpassen, dass niemand (zuviel) Alkohol trinkt. Es gab Ecken, da war man unter sich – und da hat man sich ausprobiert. Heute wartet an jeder Ecke ein Sittenwächter. Keine Prohibition – aber Komasaufen kommt nicht alleine von Jugendlichen, die zuviel saufen, weil sie das wollen – sondern auch, weil sie nicht gelernt haben, mit der Droge Alkohol umzugehen. Wie kleine Kinder, die ganze Tafeln Schokolade essen – und es ihnen anschließend schlecht geht. Es gab geschützte Räume – und wenn’s zuviel wurde, ist auch mal ein Erwachsener eingeschritten. Und hat weder sofort die Polizei noch die Eltern informiert.

Alkohol ist eine gesellschaftlich anerkannte Droge. Überall zugänglich, Teil von Ritualen wie Fassanstiche. Der Bierpreis auf Oktoberfest und Canstatter Wasen ist jedes Jahr eine Schlagzeile wert. Jugendlich müssen auch mal über die Stränge schlagen dürfen – damit sie rausfinden, was gut – und was nicht gut für sie ist. Ein Glas Bier unter Papas Augen ist kein „ausprobieren“. Etwas mehr Gelassenheit würde uns allen in dieser Frage gut tun – und beim nächsten Nachtumzug ein paar Busse mehr wären auch nicht schlecht.

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Paul Burger

Nur der Alkohol?
Vielleicht sollte mal die momentane Berichterstattung ganz lesen bevor man dieses „Über die Stränge schlagen“ mit mehreren Schwerverletzten nur auf den Alkohol und jugenlichen Tatendrang schiebt. Vorweg: der Alkohol gehört zum Fasching, und das schon sein über 100 Jahren. Daran gab es bislang auch nichts auszusetzen und die kleinen „suffbedingten Meinungsverschiedenheiten“ waren noch bis zu meiner Jugendzeit schnell bereinigt und vergessen.
Aber das war da systematisch passiert hat mit dem Brauchtum Fasching absolut nichts mehr zu tun!
Zitat von der Seite SWRinfo:
„Im Internet hatte sich eine Gruppe von etwa 300 Personen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren am vergangenen Freitag verabredet, um den Nachtumzug in Unzhurst zu zerschlagen. Es kam zu 17 Strafanzeigen. Elf Menschen wurden verletzt, drei davon schwer.“

Vielleicht sind das ja auch Leute die mit dem Fasching und seinem kulturellen Hintergrund so gar nichts anfangen können, aber dennoch ein wenig „Spaß“ haben wollten.
Weiteres Zitat von o.a. Quelle:
„Die meisten der festgestellten Gewalttäter haben nach Angaben der Polizei einen osteuropäischen oder afrikanischen Migrationshintergrund“

Wenn sowas der „linientreue staatliche Propagandasender“ SWR schreibt, welcher sonst im absolut kulturellen Einklang mit unserer BW-Landesregierung steht, schreibt, lässt ich das wohl nicht mehr unter den Tisch kehren, das das „kulturelle Miteinander“ in Deutschland nicht ganz so sauber funktioniert wie sich das unsere GRÜNEN immer vorstellen. Ob da ein paar Busse mehr die Gemüter besänftigen? Beim Akademiker-Ball in der Wiener Hofburg gab es auch genug Busse, auch solche die mit dem Motto „Unseren Haß könnt ihr haben“ von Deutschland aus nach Wien gekarrt wurden um „ein wenig Spaß zu haben“ Sicher das war ein etwas anderer Kulturkreis, aber irgendwie haben die GRÜNEN immer die Finger mit drin, in Wien die GRÜNE JUGEND direkt, und bei den Umzügen hier als „Befürworter“ und Beschwichtiger. Alles nicht so schlimm, sondern eine Bereicherung, und Opfer für die Integration muß jeder bringen.Schließlich kann man mit einem gebrochenen Kiefer kann man ja immer noch Alkohol trinken und Suppe essen. Also weiter wie bisher und auf zum nächsten Nachtunmzug, solange es noch welche gibt….

Gibuld

Sie sind der richtige Grünling, der voller Verständnis für die ach so benachteiligten „Jugendlichen“, die nur wegen zuviel Alkohol Hatz auf Einheimische machen, dann voller Verständnis zur Seite steht. Schade, dass es Sie noch nicht erwischt hat, so ohne Grund 4 oder 5 gegen einen, nur weil man nach dem Weg fragt. Was nicht ist kann aber noch werden, was in Unzhurst oder Aldingen oder sonstwo sich ereignet hat, sind erst die Vorboten der in anderen europäischen Ländern bereits bekannten „riots“. Dass dieses Land wehrlos ist, haben die Angreifer nicht erst jetzt erfahren, zu sehen auch am Schwanz einziehen durch „Absagen“. Auch diese kommenden riots werden dann von euch Lügnern und Spinnern wieder uns Einheimischen als letztlich Schuldigen angehängt werden.
Den Karlsruher Faschingsumzug habe ich zuletzt in den siebzigern erlebt – in völliger Harmonie. Mal sehen, ob es auch dazu was zu hören gibt.
Mit dem heutigen Wissen über euch Grüne wäre ich 1978 nicht dabei gewesen, beim Gründungsevent der Grünen.

Gibuld

Wie ich das gemeint habe mit der Gewalt, haben Sie aber schon verstanden, oder ?
Als Erkenntnisgewinn, der all denen fehlt, welche hier nur von Alkoholproblemen reden.
Wir waren auch besoffen, ebenso wie die deutschstämmigen Jugendlichen von heute, weder wir, noch diese hatten/haben jedoch die Tendenz zum Landfriedensbruch und systematischen krankenhausreif Verprügeln, wie es bei unseren hier beschriebenen Kunden der Fall ist. Deshalb: Es ist der Anfang des Zerstörens unserer Kultur ( ja, ich weiß, wir haben ja keine eigene, wie ich aus so vielen Zeitungskommentaren kenne).
Was ist das grundsätzliche Problem (neben dem Islam) ?
Diese aus archaischen Kulturkreisen stammenden Jugendlichen kommen nicht zurecht mit unserer individuellen Weicheigesellschaft. Sie bräuchten eine Gesellschaft, die Ihnen ihrerseits die Schranken aufzeigt und zwar durchaus mit physischer Gewalt. Diese Sprache verstehen sie und akzeptieren sie auch, ja sie sehnen sich geradezu danach, denn nur mit einer starken Gesellschaft sind sie auch bereit, sich zu identifizieren. Unsere Individualgesellschaft, unsere „deeskalierende“ Polizei und die Kuscheljustiz fordern diese Jugendlichen jedoch geradezu heraus.
Ergo, was wir m. M. nach brauchen, ist ein Landfriedensbruch-Paragraph, der es unseren organisierten Gesellschaftseinheiten erlaubt, sich auch außerhalb staatlicher Gewalthoheit in angemessener Weise zu verteidigen und das Bild einer wehrhaften Gesellschaft zu errichten.

Ben

Der grüne Märchenonkel will die Herkunft der Täter nicht sehen, da macht er die Augen ganz fest zu. Peinlich.

Gibuld

Jetzt bin ich aber betrübt, daß ich nicht mehr veröffentlicht werde. Die Töne, die Sie an sich haben, sind mir sattsam bekannt.