kein Endlager in Sicht

ich weiß jetzt auch nicht, was mich zur Zeit umtreibt, aber irgendwie stelle ich gerade alles in Frage. Vielleicht ist es die gewonnene Freiheit: kein Mandat in Sicht. 🙂

Und ein Endlager für den Atommüll in diesem Lande auch nicht. Philippsburg, hier ganz in der Nähe, zittert davor, Dauerzwischenlager zu werden. Der dort vorhandene Müll und der, der durch den Abbau der beiden Reaktoren entstehen wird (zunächst erst der von Philippsburg I) müssen vor Ort bleiben. Gleiches steht in der ehemaligen Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe an: auch dort soll Atommüll zwischengelagert werden. Denn die Chance, dass Gorleben kein Endlager wird, sind gut. Aber was passiert, wenn jetzt dann irgendwann ein Endlagersuchgesetz geschrieben wird, Gorleben als Standort ausfällt? Wir als grüne Partei gehen davon aus, dass evtl. 2042 (!) ein mögliches Endlager in Betrieb gehen kann. Immer unter der Voraussetzung, das eines gefunden wird.

Aber was, wenn nicht?

Und wieso eigentlich suchen?

Im grünen Papier ist folgendes zu lesen:

Wir wollen die Rückholbarkeit für die Dauer der Betriebsphase des Endlagers, die gleichzeitig als Beobachtungsphase gilt. Danach wird das Endlager von der Biosphäre abgeschlossen. Eine Bergbarkeit für mindestens 500 Jahre muss durch die Behälter gewährleistet werden.

Ist nicht viel eher die Frage, dass man zunächst einmal überlegen müsste, wie man garantieren kann, dass die Informationen über den Müll und seine Gefährlichkeit über Jahrhunderte weitergegeben werden können? Und wäre es nicht besser, den Atommüll sichtbar und erreichbar zu lagern? Oberirdisch?

Ist die Suche nach einem Lager im Boden denn nicht vom allzu menschlichen Gedanken getrieben, dass Dinge, die man nicht mehr sieht, auch nicht mehr da sind. Weg? Aus den Augen, aus dem Sinn?

Wäre es da nicht sinnvoller, man beließe den Müll dort, wo er entsteht, anstatt ihn zu transportieren, an einen zentralen Ort? Wäre es nicht sinnvoller, an jedem Atomstandort ein Endlager zu errichten? Auf den Kühlturm einen großen Totenkopf und das Zeichen für Radioaktivität zu malen und dann einen Wachdienst zu organisieren und dafür zu sorgen, dass dieses Gelände immer überwacht wird?

Wer weiß, vielleicht gibt es in zweihundert Jahren eine schwere Krise, eine Epidemie, einen Krieg, bei denen ganze Landstriche entvölkert werden? Wäre es dann nicht sinnvoller, es gäbe Warnhinweise und Zugang, um den Müll entweder schnell wegzuschaffen oder erkennbar zu lassen? Wenn Gebiete wieder bevölkert werden und keiner weiß etwas von unterirdischen Lagern bekommt ja der Fluch der Mumie eine ganz neue Bedeutung….

Ist alles jetzt sehr ins Unreine geschrieben, so wie es mir an einem sonnigen Sonntagnachmittag grade in den Sinn gekommen ist. Ist es besser, dass das, worüber wir Informationen über Generationen weiter geben müssen, erkennbar bleibt oder nicht? Denken wir daran, was wir wissen über die Zeit von vor 500 Jahren, also 1513?. Und das, obwohl mit Schrift und Papier Medien vorhanden waren, die die Zeit überdauerten? Heute können wir tw. nicht mehr auf Daten zugreifen, die in der Pionierzeit der Computer erzeugt wurden. Wir verstehen vieles nicht.

Das scheint mir die viel wichtigere Frage zu sein: wer sorgt wie dafür, dass die Information über ein mögliches (End-)Lager für Atommüll und seine Gefährlichkeit die Zeiten überdauert? Und: wer bezahlt das….

 

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Tante Jay

Der letzte Satz ist die Kernfrage. Wir reden im Fall von Plutonium von einer Strahlung, deren Halbwertszeit 50.000 Jahre beträgt.

FÜNFZIGTAUSEND.

Vor 50.000 Jahren war die Zeit der Neandertaler, nur um mal die Zeiträume zu verdeutlichen.

Gebäude, die 50.000 Jahre alt sind, gibt es de facto nicht mehr. Auch die heutige Ingenieurskunst kann keine Gebäude bauen, die diese Zeit halten – und sie müssten ja noch viel länger halten, ist doch die Halbwertszeit nur die Zeit, in der das strahlende Material zur HÄLFTE zerfällt. Die andere Hälfte ist ja noch da.

Metallcontainer werden in 50.000 Jahren komplett korrodiert sein.

Dazu kommt dass Problem: in 50.000 Jahren wird das „Radioaktiv“-Symbol völlig unbekannt sein. Ich sage angesichts des Digitalisierungswahns mal voraus: Es wird in 50.000 keine Bücher mehr geben, die aus dieser Zeit stammen. Aber selbst gedruckte Bücher wird dann keiner mehr lesen können, weil keiner die Sprache mehr kennt.

Es gibt keine sichere Methode, diesen Schrott so lange zu lagern, bis er keine Gefahr mehr darstellt. Eure 500 Jahre, die ihr festschreiben wollt, bürden das Problem doch nur künftigen Generationen auf in der Hoffnung, dass die wissen, was man mit dem Zeug machen soll.

Ins Weltall schießen? Auf den Mond vielleicht? Das ist – für mich – derzeit die einzige erfolgversprechende Methode. Man kanns noch nicht mal in die Umlaufbahn ballern, ohne fürchten zu müssen, dass das irgendwann wieder runterkommt.

Die knapp 60 Jahre, die wir jetzt Atomkraft haben, haben uns mit einem Problem belastet, dass über Äonen bestehen wird.

Und anstatt, dass man nach Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima endlich mal den Kopf aus dem Arsch zieht und mit diesem Mist aufhört, baut man fröhlich weiter „sichere“ Kernkraftwerke, eins nach dem nächsten. Die Franzosen, um uns zu zeigen, dass sie es können, schön an der deutschen Grenze.

Weder die Kernkraftwerke sind sicher noch der Umgang mit dem Müll. Asse und auch die Wiederaufbereitungsanlagen in England haben das gezeigt.

Ausstieg. Weltweit. Und dann überlegen, ob man die Energieversorger nicht mal in die Pflicht nimmt, sich zu beteiligen. Denn derzeit zahlen die keinen Cent für die Entsorgung – oder zumindest nicht annähernd das, was sie müssten.

Tante Jay

Yay. Zustimmung. *g*

Hartmut Rieg

Wenn man etwas über viele Tausend Jahre bewahren will, muss man es entsprechend flexibel und robust aufheben. Die Hardware robust und leicht zu handhaben, die Software, also Regeln und Vorschriften simpel und leicht verständlich. Der Aufbewahrungsort ist nicht versteckt, aber abgelegen. Es gibt da Hinweise in Science Fiction-Romanen: Du schaffst eine Art Religion mit einer Mythologie, die ritualisierte Verhaltensweisen für den Umgang mit Radioaktivität vorgibt. Die Vorschriften werden mit Hilfe einer Priesterkaste über Generationen weitergegeben, ebenso die Datenbestände, falls die in 1000 Jahren noch jemand versteht. Das Ganze natürlich nicht auf einem USB-Stick, sondern in einer Bibliothek, in der Mönche die Bücher kopieren, zur Not handschriftlich. Der Aufbewahrungsort sollte sich als mystischer Ort eignen, der Religionsgründer eine Figur wie Moses sein.
Du siehst, ich frage mich, welch finsterem Mittelalter Europa entgegengeht.