Kleiner Versuch, das Verständnis des Atheismus zu fördern

Die von mir sehr geschätzte Antje Schrupp sucht Antworten auf ihre Fragen zum Atheismus. Sie schreibt:

Deshalb stelle ich hier jetzt einfach mal ein paar Fragen in den Raum, in dem Versuch, dem Phänomen Atheismus irgendwie auf die Spur zu kommen bzw. es überhaupt erst einmal zu einer sinnvollen Fragestellung zu bringen.

Nun, ich antworte nicht „hier“, sondern „da“, also hier, bei mir. Und verlinke, damit Sie es auch liest 🙂

Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

Ja, das tu ich. Wenn es die Gelegenheit erfordert, bspw. um in Diskussionen Standpunkte klar zu machen oder mich von Agnostikern abzugrenzen.

Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

Die Pubertät und der Geschichtsunterricht 🙂 Ich war bis ich ca. 12 Jahre alt war, in der KJG aktiv. War bei regelmäßigen Treffen, auf Zeltlagern, bin gerne in die Kirche, war „stolz“ darauf, die Kommunion empfangen zu dürfen – Schritte ins Erwachsenensein. Bei der KJG war es toll, wir haben viel gemacht, Fußball gespielt, uns unterhalten. Mit dem Geschichtsunterricht und der Behandlung der Kreuzzüge kamen erste Zweifel. Ich habe mich weiter informiert und war über die Grausamkeit entsetzt. Und auch wenn ich meine erste Ehe auch noch kirchlich geschlossen habe, war ich damals schon ausgetreten. Im Laufe der Jahre wurde ich aber zusehends zorniger bei kirchlichen Ritualen, die ich zunehmend als eine Art Götzendienst verstand. Meine großen Söhne wurden noch getauft (bis auf einen), bei den Kleinen habe ich mich dahingehend durchgesetzt, dass wir ihnen die Wahl lassen, wenn sie alt genug (also 14) sind. Der Glaube an ein Leben nach dem Tod habe ich auch damals schon länger aufgegeben, mir war bewusst, dass wir Teil der Natur dieses Planeten sind, wir hier eine Aufgabe zur Erhaltung und Fortentwicklung der Art haben und wir dann wieder verschwinden. Solange jemand folgt, ein tröstlicher Gedanke.

Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

Da gibt es alles, vom Vater, der regelmäßig zur Kirche geht, bis hin zum evangelikalen Freikirchler bis hin zu Agnostikern und Atheisten,  unter denen sich aber auch welche finden, die ausschließlich wegen der Weihnachtslieder am heiligen Abend (gemeinsam mit anderen) zur Kirche gehen.

Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

Ich hadere vor allem mit der Doppelmoral der Kirchen. Ihren Rechtsbrüchen, die so gar nichts mit der Lehre zu tun hat, die sie verbreiten. Und ich merke, dass ich manchmal etwas herablassend gegenüber Menschen bin, die glauben. Das ist zwar nicht gut und ich versuche es zu vermeiden – gelingt mir aber leider nicht immer. Ich wünschte mir, es könnte gelingen, Religion weitgehendst in den privaten Raum zurückzudrngen und einen säkulären Staat durchzusetzen.

Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

Die Hoffnung an ein Leben nach dem Tod blitzt zwar immer durch, ansonsten glaube ich, dass wir Teil des Ökosystems Erde sind – mit allen Konsequenzen, inklusive Fressen und gefressen werden. Ganz uneuphorisch und nüchtern. Allerdings glaube ich – ist ja auch nicht zu beweisen – an die Existenz außerirdischen Lebens.

Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

Klar, ich gehe nicht zur Kirche. manchmal auch bei Familienfeiern nicht. Solange ich im Musikverein war, musste ich jedes Mal überlegen, ob ich an Weihnachten mitgehen sollte oder die Prozession an Fronleichnam mitlaufen sollte oder die Begleitung der Erstkommunikanten zur Kirche. Ich hab mich meistens dafür entschieden – aber ein Konflikt war das schon. Auch bei Beerdigungen entziehe ich mich christlicher Rituale.

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Lusru

„Gott“ soll Geist sein, so die (daran) Gläubigen. „Geist“ kann aber nur „Information“ sein, es gibt keinen Begriff, kein Verständnis, mit dem „Geist“ sonst erklärbar oder vermittelbar wäre.

Was ist nun „Information“? Information ist primär UNTERSCHIED, und zwar wahrgenommener, erkannter, erfahrener oder erfaßter, sowohl in allen organischen wie in allen anorganischen Systemen, wo die Erfassung von Unterschieden im Inneren und nach außen existentielle „Systemarbeit“, sprich Daseinsweise ALLER Systeme ist, bei Strafe ihres Zerfalls, ihres Unterganges.
Kein UNTERSCHIED: Keine Information (was übrigens besonders auch nicht nur im philosophischen Verständnis von „Information“ sondern ganz speziell auch im IT-technischen oder im journalistischen wie im Physikalischen oder biologischen Verständnis usw. so gilt, auch Daten sind nicht GLEICH Information, wenn sie z.B. keinen Unhterschied aber Ströme von Signaleteien herumschubsen als Redundanz).
Das Einzige, was erfahrbar, erlebbar, meßbar oder wahrnehmbar ist, ist UNTERSCHIED, also Information.
Wozu das alles?
Es wird nach der Zuordnung von „Geist“ (versus „Gott“) gesucht, nach seiner Wahrnehmung, und der durch ihn usw….

Wenn wir sagen, daß nun jedes System, organisch oder anorganisch, materieller oder ideeller (z.B. sozialer) Beschaffenheit, also vom Atom, Molekül, Material (Stoff) zum Organ, Organismus oder System von Gruppen seine ureigene Existenz daher bezieht, daß es durch permanente Systemtätigkeit der Erfassung und Erhaltung der eigenen Beschaffenheit, der eigenen Struktur in der Form von UNTERSCHIEDEN sprich INFORMATION (Allein bereits Struktur ist nur Information) eine derart systemgesteuerte innere und äußere Dynamik entwickelt, dann ist Information grundsätzlich eine Immanenz, die im (jeweiligen) Ganzen integriert existiert – oder nicht vorhanden.

Nun wieder zu Geist und Gott ….
Halt, das wäre zu einfach.
Die Wissenschaft meint heute:
Alles ist Materie, es gibt nur Materie (sowohl IN einem Vakuum, wie im Weltenraum wie in und auch zwischen den Elektronen im Mikrobereich usw.), es gibt nur Materie mit Ihren 3 Hauptelementen:
Masse, Energie und – Information.
Erinnerung:
Selbst Struktur (z.B. von Energie oder Masse) ist Information. Damit ist Information für ein jedes Ganzes die Identität, ohne die es nicht existiert.
Folgt:
Materie ist Masse plus Energie plus Information (in Zeit und Raum).

Was ist dann bitte „Geist“? Geist als Information?
Es ist unwichtig, da wir nun wissen, wo er steckt und als „Information“ „allgegenwärtig“ ist, ja sein muß, denn:
keine Information – keine Materie, dgl. gilt, wenn keine Energie oder keine Masse.

Damit ist er „angebunden“, besser „eingebunden“, auch „Einbindender“, der Geist in die Materie, einen „geistlosen“ Materialisten (kommt übrigens von Materie, nicht von Material!) kann es nicht geben, einen von Materie freien Geist natürlich ebenso nicht.
Und nun ist das wie mit dem halbvollen und dem halbleeren Glas Wasser:
Allein der Standort, sprich der Standpunkt entscheidet, wie ein jeder diese Situation sieht und benennt – halbvoll oder halbleer, geistvoll oder geistleer, unterscheidbar oder nicht.

Um dieses auch außerhalb eines jeden Bewußtseins permanent wirkende Gefüge kann man entsprechen seiner Herkunft, Entwicklung und Neigung nun die herrlichsten Geschichten, auch aus der „Geschichte“ ranken, die Realität damit verkleiden, kaschieren oder „überbrücken“ zur Gegenwart – es ändert nichts an dieser Realität, der grundsätzlichen, ob ich nun „Gott“ statt Geist oder „Information / Unterschied“ statt Geist benenne – alles muß so oder so dem systemischen Charakter unserer Existenz Rechnung und damit Unterschied tragen.

UNTERSCHIEDLICH sind jedoch die Konsequenzen, nicht die, ob „gläubig“ (woran?) oder nicht (auch der Atheist glaubt nur, zu wissen daß er Atheist sei), sondern im Akzeptieren und Ausrichten diverser eigener systemischer Handlungen: Alle, die versuchen, sich an der Lage
Materie = Masse plus Energie plus Information
vorbei zu schummeln oder zuwider zu „glauben“ oder „gläubigen“, versuchen grundsätzliche Natürlichkeit mit Kultürlichkeit zu „lenken“, zu täuschen, aufzuheben usw., sorgen für Untergang für Lebensuntüchtigkeit des eigenen Systems.

War da gerade irgendwo etwas mit Mißbrauch?

Es ist egal, welchen Gott Mensch sich macht, solange dieser Mensch nicht ernsthaft erwartet, daß es umgekehrt auch ginge.

Ob das nun Atheismus ist, weiß ich nicht.

Eingefleischte (!) Atheisten warfen mir dafür schon mal den Versuch vor, mit dieser Betrachtungsweise allem Unatheistischem eine begehbare Brücke aus der Gegenwart in die Zukunft bauen zu wollen (was sich eigentlich allein beim mitdenkendem Lesen von selber auflöst), aber selbst wenn, wem würde das schaden?

Einige etablierte Religionsenthusiasten witterten kreationistische Morgenluft darin – nun, solange sie DIESEN Ansichten folgen, hebt sich ihre unbestreitbare gesellschaftliche Gefährlichkeit von selber auf.

Einige theologisch „gestandene“ Denker machen mir den Vorwurf, den „Atheismus damit kirchentauglich“ (auch sogar: neo-religionstauglich oder esotherisch) machen zu wollen, gewissermaßen ihn der „Gleichberechtigung neben der Religion“ zuführen zu wollen – ja und? Welcher Atheist wollte denn das nicht?

Einer war jedoch der Meinung, solange jeder auf seinem „Weg“ dieses Bild im Hintergrund hat, ist es vorbei mit den Fundis, die meinen, gegeneinander jeden erdenklichen Krieg zur Sicherung ihres Systems“ führen zu dürfen oder zu müssen.
DENEN wurde damit der Anlaß und die Plattform gestrichen.
Na und, und?

Genug „Verständnis für meinen Atheismus“ erlesen?

Es hat einiges mit einigen religiös lebenden (!) Menschen, mit denen ich nicht trotz meines Bildes sondern wegen diesem bis heute gut bekannt bin, jedoch nichts, aber auch nicht das Geringste mit dem Pfarrer zu tun, der mich mit 14 Jahren aus der Kirche und aus der Religion prügelte, da war ich schon längst weg …