der „Platz an der Sonne“ für Monika Lierhaus

Ich merk grad: man sollte Nachrichten nicht ungeprüft weiterleiten. Trotzdem nehme ich war, dass ich diese Nachricht für wahr halte – was schon schlimm genug ist.

Monica Lierhaus wird neues Werbe-Gesicht der ARD-Lotterie „Ein Platz an der Sonne“: Für ihre Rolle als Botschafterin bekommt sie nach SPIEGEL-Informationen zunächst 450.000 Euro jährlich, später soll es mehr werden.

schreibt Spiegel Online in einem heutigen Artikel.

Jetzt mal ganz abseits von Frau Lierhaus‘ persönlichem Schicksal, das tragisch ist. Und bewundernswert ihr Kampf gegen Sprachlosikeit und Bewegungslosigkeit, ihr Kampf für eine Rückkehr in ein „normales“ Leben. Ja, und da sind wird schon – beim normalen Leben.

Da ist zunächst mal die Tatsache, dass mich der TV Auftritt:[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=znkcPspoVdo[/youtube], den ich wie viele erst durch die Medeinberichterstattung wahrgenommen habe, ebenfalls sehr brührt hat. Ich bin kein Sportschau-Fan (ich schau ganz gern ab und an mal Fußball, leide seit vielen Jahren mit dem KSC –  aber Samstage verbring ich gerne anders) und ich kannte wohl den Namen, musste aber zunächst nachlesen, wer sie überhaupt ist. Man konnte sehen, dass sie kämpfen muss und dass sie das auch tut.

Aber ich kam dann doch ins Grübeln. Zunächst mal fragte ich mich, wieso sie sich so an die Springergruppe verkauft. Sicherlich Profi genug – oder ihr Management – um sie vor herabwürdigender BILD-Berichterstattung zu schützen – oder sie wusste, wenn ich es nicht tue, kann ich es gar nicht kontrollieren. Keine Ahnung, reine Spekulation. Stefan Niggemeier brachte dann mein Gefühl auf den Punkt:

Und doch stellt sich bei aller Sympathie ein merkwürdiges, irrationales und etwas unfaires Gefühl ein: Die Erkennbarkeit einer Inszenierung, die Offenkundigkeit eines Deals mit Springer, die Berechnung, die hinter all dem steht, lässt den Zuschauer und Leser zu einem Teil des Plans werden, ebenso wie übrigens das Publikum im Saal. Das Erzwingen des Schweigens vorher wirkt im Nachhinein so nicht als Grundrecht, sondern fast als dramaturgischer Kniff, um den Überraschungseffekt beim Wiederauftritt auf der Bühne noch größer werden zu lassen.

Das ist kein gutes Gefühl.

Ja, und dann kommt nach dem Auftritt die Bekanntmachung, dass sie Botschafterin für die ARD-Fensehlotterie wird. Gut, dachte ich, das passt. Ist sicher ein guter Einstieg und da muss man vermutlich nicht die ganze Woche ran und sie kriegt das gut mit der Therapie zusammen. Und jetzt die Sache mit dem Geld. Ich missgönne Frau Lierhaus ihr Einkommen nicht. Ich würde es gar nicht haben wollen. Ich würde mich schämen, wenn ich von einer gemeinnützigen Organisation, die etwas für benachteiligte oder eingeschränkte Personen tut und von Spendengeldern lebt, soviel Geld annehmen würde.

Wikipedia dazu:

Die ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ ist eine gemeinnützige, soziale Lotterie im Auftrag der ARD und der kommunalen Spitzenverbände zugunsten hilfsbedürftiger Menschen, die 1956 gegründet wurde.

Die Millionen-Erlöse mussten schließlich nach bestimmten Förderrichtlinien an soziale Projekte vergeben werden. Dazu wurde 1967 die Stiftung des privaten Rechts Deutsches Hilfswerk mit Sitz in Hamburg gegründet, die organisatorisch eng mit der Fernsehlotterie verbunden ist. Der Bundespräsident hat die Schirmherrschaft über diese Stiftung übernommen. Initiatoren waren der NDR als federführende Rundfunkanstalt der ARD und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände. Die Stiftung dient der Verteilung des Reinerlöses der Lotterie unter allen Altersgruppen in allen Regionen Deutschlands.

Ja, und ist wohl zum Selbstbedienungsladen der Unterhaltungsindustrie geworden. Mir fehlt jedes Verständnis für ein so exorbitant hohes Gehalt. Ich habe keine Idee, aus welchem Grund sie soviel Geld bekommt. Aber vielleicht hat ja einer der MitleserInnen eine? Wenn ich mir vorstelle, was man mit dem Geld – 37.500 € im Monat = >100mal Hartz IV – alles tun könnte. Wenn sie 10.000 bekäme – immer noch zuviel – dann bleiben immer noch 27.500 für die gemeinnützigen Dinge. So gesehen: könnte mal irgendwer überprüfen, ob die Gemeinnützigkeit dieser Lotterie bzw. dieser Stiftung noch gewährt ist?

Meine Frau, Ergotherapeutin, meinte dazu, vermutlich kann sie das persönlich nicht überblicken nach so einer Krankheit. Nun, das ändert aber nichts daran, dass da jemand ist, der es ihr angeboten hat und jemand, der gesagt hat, sie nimmt es….und insofern ist auch klar, warum so inszeniert wurde: wer wagt es jetzt noch, dagegen anzuschreiben?

Und die politische Frage: wer kontrolliert denn sowas?

Ich glaub ja nicht, dass Frau Lierhaus das liest. Aber wenn wider Erwarten doch, dann können Sie vielleicht eine Antwort geben: warum?

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Michael M. Roth

Lieber Jörg,

beim ersten Lesen Deines Beitrags hatte ich eine leichte Tendenz „pro Kernaussage“. Auch überlegte ich schon, wie es möglich sein könnte, Monika Lierhaus direkt zu kontaktieren.
Ich habe dann das Video gesehen. Und ja, es hat mich sehr bewegt, und es hat mir die Tränen in die Augen getrieben.
Für vielleicht 90% (oder mehr) der Menschheit dürfte ein Jahresgehalt von über 400.000 EUR eine unvorstellbar hohe Summe sein, die auch kaum in Relation setzbar ist zu irgendeiner Art von Leistung, die ein Mensch vollbringen kann. Gleichwohl verdienen Bankmanager oder auch Spitzensportler noch ganz andere Gehälter. Zumindest auf der sportlichen Seite könnte ich mir vorstellen, dass sie teils „übermenschliche“ Leistungen erbringen.

In Bezug auf die Krankheit und das, was M.L. durchmachen musste, sind 400.000 so gut wie nichts. Oder, um es mit anderen Worten zu sagen. Körperliche und seelische Schmerzen dieser Dimension sind durch Geld (allein) nicht kompensierbar.

Für mich erscheint es außerdem ganz ganz schwer, ihre Situation nachzuvollziehen. Jörg, Du artikulierst mit Deinem Beitrag eine mental-robuste, uneigennützige Position. Das achte und schätze ich, halte es für ehrenwert. Aber würdest Du wirklich für Dich in Anspruch nehmen können, dass Du in einer ähnlichen Situation, wie sich M.L. befindet, anders gehandelt hättest?

Was den Charakter (der Gemeinnützigkeit) der ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ angeht, so erscheint die Kritik aus meiner Sicht berechtigt, wobei ich hier auf kein profundes Wissen zurückgreifen kann, was Einnahmen- und Ausgabenpoltik angeht.

Ich sehe trotzdem ganz klar die Verantwortung bei der Fernsehlotterie. Bzgl. einer Be- oder gar Verurteilung von Monika Lierhaus halte ich mich aus oben genannten, sehr menschlichen Gründen zurück.

perry feth

Werte Frau Monika Lierhaus und ARD;

…450.000 € sind ein „schönes Pflaster“ ,…für eine sicherlich für Sie sehr beschwerliche Erkrankung:

Ich habe ebenfalls ein Aortenaneurysma im Gehirn und werde am 23.03.2011 im Sankt Georg in Leipzig operiert;
…Der Unterschied zwischen uns beiden ist allerdings folgender;…Ich bin Alleinerziehend mit 3 kleinen Kindern im Alter von 3-6j., und ich habe keine reiche „Lebensgefährtin“;

…Eine bescheidene Frage erlaube ich mir;…Wer unterstützt und protogiert meine 3 kleinen Kinder und vielleicht mich, wenn die OP „schief“ geht?…Wer gibt meinen Kindern einen „Platz an der Sonne“,…wenn meine OP so endet wie bei ihnen?

Dann erzählen sie etwas von „Ein Stück Lebensmut vermitteln“!?… Dann erklären sie das mal meinen 3 kleinen Kindern,..nach dem 23.03.20011;…

Ganz ehrlich?… Sie sollten sich was schämen;…Das Geld der vielen Spender zum Fenster raus zu schmeißen;
…Als Botschafterin der Sendung;…“Ein Platz an der Sonne“, sollten sie ehrenamtlich tätig sein, oder das Geld an diejenigen spenden, die es besser gebrauchen könnten!…Und wenn es nur ein Teil davon ist,…wie zB: An 3 kleine Kinder in Leipzig; Dann werden ihnen zumindest die Demütigungen erspart bleiben,…5 € mehr ALGII zu bekommen und mit dem Stempel der „Bildungskarte“ um ein Mittagessen in der Kita oder Schule „betteln zu müssen“;…

…ARD / ZDF und Frau Liehrhaus bleibt mir nur eines zu sagen;……..Pfui,…!!!

mfg

P.Feth aus Leipzig