Väter

Ein uneheliches Kind hatte ich. Das vierte ist unehelich geboren. 2003. Nicht 1987. Und ich erinnere mich noch sehr genau an die Prozedur, als wir die gemeinsame Sorge eintragen lassen wollten. Wir gingen gemeinsam zum Jugendamt, nachdem wir einen Termin bekommen hatten und wurden dann beraten. Wie gesagt, ich hatte schon 3 größere Söhne und hatte lange Kämpfe geführt, auch um regelmäßigen Umgang zu erreichen, der nicht willkürlich von der Mutter abgesagt werden konnte oder um den Umzug eines Sohnes zu mir zu ermöglichen, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Mutter (bei gemeinsamer Sorge) bzw. Unterhaltszahlungen zu erreichen (da hab ich zwar jedes Verfahren gewonnen, aber nie Unterhalt erhalten)….

Meine damalige zukünftige Frau wurde nach meinem kurzen Gespräch sehr intensiv vom Jugendamtsmitarbeiter „beraten“. Und erst als sie sagte, sie räume mir selbstverständlich jetzt die gemeinsame Sorge ein, da sie angesichts der Streitigkeiten aus meiner ersten Ehe vermute, dass sie es mir im Falle einer Trennung nicht mehr zugestehen würde, hörte der Jugendamtsmitarbeiter (ein Mann!) auf, sie vor diesem Schritt zu warnen.

Ich bin kein perfekter Vater, sowenig wie die Mütter meiner Söhne perfekte Mütter sind. Ich mache Fehler, raste auch mal aus, schimpfe, verliere die Geduld. Aber ich gebe mir Mühe, es gut zu machen. So gut es geht. Kümmere mich. Sorge mich. Handle. Ich liebe meine leiblichen Söhne über alles. Und auch der verlorene Stiefsohn ist nicht vergessen.

Vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen mit Scheidung, Trennung und den Folgen und meinen Anschauungen in 10 Jahren (Internet-)Foren und Selbsthilfe mit Männern und Frauen in diesem Kontext kann ich das gestrige Urteil (SPON-Artikel) des BVerfG zur gemeinsamen elterlichen Sorge auch für uneheliche Väter nur begrüßen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich würde mir wünschen, dass die gemeinsame Sorge die Regel ist, mit der geringen Einschränkung eines Vetorechts eines der beiden Elternteile, das ausschließlich von Familiengerichten behandelt werden darf.

Interessant finde ich die Debatte drumherum: von Antje Schrupp, die sich irgendwie nicht so recht davon lösen will, dass man Männern sagen muss, was ein guter Vater ist (Männer sollten einmal darüber nachdenken, was genau sie sich eigentlich unter Vaterschaft vorstellen und was ihnen daran wichtig ist), gleichzeitig aber den Weg aufmacht in Richtung Familienvertrag, denn es kann ja auch andere Elternkonstelletationen als nur VaterMutterKind geben. In der taz dagegen findet sich ein differenziertes Bild auf der Leserbriefseite, wobei die rückwärtsgewandte Sicht mancher Frau dabei eher erschreckt. Und auch Till Westermayer findet 11 interessante Sätze zum Urteil. Man hat wohl gerne Männern gesagt, dass sie gute Väter sein sollen, jetzt, wo sie es wollen, scheint das auch irgendwie nicht richtig zu sein – ich vermute, weil Väter (wie ich) selbst bestimmen, auf welche Art sie Kinder erziehen.

Dabei bleibt doch eins gewiss: es gibt zunehmend andere Formen des Zusammenlebens als die klassische Ehe. Dieser Tendenz muss die Gesellschaft endlich Rechnung tragen. Dass die Bundesregierung nun aktiv wird, dazu aber ein Urteil des EuGH sowie des Verfassungsgerichts braucht, um diesen Missstand zu beheben – und da nehme ich sieben rot-grüne Jahre nicht aus – ist dabei eine Schande. Und auch wenn der Familienvertrag irgendwann kommen wird, wird es nicht unnötiger werden, die Folgen strittiger Trennungen gesetzlich und gerichtlich abzufedern. Dazu gehört auch ein Konzept wie das Cochemer oder andere Modelle – und für die, die es dann immer noch nicht können, klare Gesetzesregelungen und vor allem einklagbare Konsequenzen. Und selbst wenn es mir geholfen hätte – die Grenzen zu Zwangsarbeit für Unterhaltsschuldner oder Wegzugbegrenzungen sollten dabei nicht überschritten werden – höchstens durch die Pflicht zur Kostenübernahme des Wegziehenden.

Wichtig ist aber, dass mit diesem Urteil ein weiterer Wegstein auf dem Weg zur gleichberechtigten Elternschaft erreicht ist. Langfristig, ich bin mir sicher, werden sich mehr Eltern darauf einigen, Umgang und Aufenthalt im Sinne des Kindes zu regeln.

Update 11.08.:

die Debatte bekommt dabei natürlich teilweise bizarre Züge. In der taz melden sich jetzt Frauenhausvertreterinnen, die die Sorge ins Feld führen, das gemeinsame Sorgerecht mit ledigen Vätern sei eine Gefahr für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden. Als würde der Trauschein Schutz vor häuslicher Gewalt gewähren. Darüber hinaus wird die Durchsetzung des Umgangsrechts bemängelt. Ich hab einen Leserbrief dazu geschrieben:

Selbstverständlich müssen Gewaltopfer geschützt werden. Und es ist eine berechtigte Forderung, dass Frauenhausadressen geheim bleiben müssen. Aber wenn es um die Kinder geht, um elterliche Sorge, dann steht das eben hintendran und nicht vornedran. Dann muss der Kontakt eben über Dritte wie Großeltern oder Jugendamt gewährleistet werden. Denn die Strafe für Körerverletzung heißt nicht: lebenslanger Kinderentzug oder Entväterung. Darüber hinaus bleibt windmühlenartig zu wiederholen: Kinder werden zu gleichen Teilen Opfer von Gewalt durch Männer und Frauen. Wenn eine Frau ihr Kind drischt, soll man sie dann auch davon ausschließen, über die Schule ihres Kindes eine Entscheidung treffen zu dürfen? Oder ihr lebenslang den Kontakt zu ihrem Kind untersagen dürfen?

Auch die Mädchenmannschaft beschäftigt sich mit dem Thema, auch hier überwiegt der Eindruck, dass Frauen sich jetzt zwar schon lange keine Familienpatriarchen mehr wünschen, aber selbst gerne noch die Definitionsmacht darüber hätten, wie dend ein Vater zu sein habe. Und klar wird gleichzeitig gefordert, dass Väter doch bitteschön erstmal ihren Pflichten nachkommen müssten. Also, Rechtstaat hin oder her: erst wenn alle Väter sich so um ihre Kinder kümmern, wie Frauen das gerne hätten, dann können alle Väter, auch die, die sich jetzt schon kümmern wollen, das Recht auf gemeinsame Sorge zugesprochen werden. „Sippen“ (Sippe=Mann)haft gibt es nicht mehr in diesem Staat, dachte ich. Ein getrennt von der Mutter und den Kindern lebender Vater gehört aber scheinbar grundsätzlich zur unzuverlässigen Sorte. Fast alle Väter wollen sich kümmern. 50% der Väter aber verlieren im ersten Jahr nach der Trennung den Kontakt zu ihren Kindern. Warum wissen wir nicht. Aber der alleinige Grund ist sicher nicht ein Nicht-Wollen. Ich vermute eher Vorschriften, Besserwisserei, Kontaktabbruch durch die Mutter und Willkür und Streit – und bei manchem Vater sicherlich die Schmerzen, die mit dem von oben verordneten 14-tägigen Umgangsrecht einhergehen. Ich hab sehr oft „Ain’t no sunshine“ gehört, nachdem ich die Jungs zurück gebracht hatte. Und das hielt oft noch tagelang an. Trennten sich alle friedlich, gäben sich Mühe, im Sinn ihrer Kinder zu entscheidden – diese Diskussion wäre gar nicht notwendig. Fazit: Rollen zu überwinden erfordert Mut zur Reflektion von allen Beteiligten.

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Sascha

Na da sind wir doch endlich mal einer Meinung.

Es sollte nur der Fairness wegen vermerkt werden:

„bzw. Unterhaltszahlungen zu erreichen (da hab ich zwar jedes Verfahren gewonnen, aber nie Unterhalt erhalten)….“

das das wohl auf Gegenseitigkeit beruhte…

„der verlorene Stiefsohn“

joerg

siehste, Sascha, eben nicht. Ich sagte ja: du solltest dir mal ein differenziertes Bild machen.

Sascha

Du willst mir doch nicht erzählen dass du all die Jahre immer schon pünktlich und vollständig den Unterhalt gezahlt hättest… Aber weißt du was? Ist ja dein Blog…da darfst du ruhig erzählen was du möchtest….

joerg

Nein, nicht hier im Blog. Dazu ist es zu kompliziert und ich will hier auch nicht alle Brüche in meinem Lebenslauf detailliert ausbreiten. Ich habe aber immer bezahlt, was ich konnte, eine Zeitlang sogar mehr und habe mich immer darum bemüht, Arbeit zu haben.
Wenn Du mehr wissen willst, schreib ne Mail.

Klaus W.

Ja, beim SR wird es jetzt endlich interessant.
Leider haben sich die GRÜNEN aber offenbar immer noch nicht von ihrer hanebüchenen Forderung verabschiedet, sorgerechtsbegehrende Väter müßten erstmal Unterhalt gezahlt haben.

Andreas

Hey, sehr schöner Artikel – endlich einmal einer, der nicht in die von den Grünen ja schon gewöhnte Mutterverkitschung a la CSU und Vorgänger einstimmt, sondern klar das Verlogene an den Argumentationen von Feministinnen wie Antje Schrupp oder den Damen der maedchenmannschaft.net wenn schon nicht herausarbeitet, dann doch wenigstens erwähnt und sich dagegen wehrt.

Andreas

Kleiner Wehrmutstropfen:

„Auch die Mädchenmannschaft beschäftigt sich mit dem Thema, auch hier überwiegt der Eindruck, dass Frauen sich jetzt zwar schon lange keine Familienpatriarchen mehr wünschen, aber selbst gerne noch die Definitionsmacht darüber hätten, wie dend ein Vater zu sein habe. Und klar wird gleichzeitig gefordert, dass Väter doch bitteschön erstmal ihren Pflichten nachkommen müssten. Also, Rechtstaat hin oder her: erst wenn alle Väter sich so um ihre Kinder kümmern, wie Frauen das gerne hätten, dann können alle Väter, auch die, die sich jetzt schon kümmern wollen, das Recht auf gemeinsame Sorge zugesprochen werden.“

Es ist nicht natürlich absolut lächerlich, das Recht auf Sorge für die eigenen Kinder davon abhängig zu machen, dass sich der Vater so um seine Kinder kümnmert, wie es die Frau gerne hätte. Es reicht völlig, dass er sich so um die Kinder kümmern will, wie er es gerne tut.

Wie ist unter dem Gesichtspunkt die momentane Rechtsprechung zu bewerten, die Vätern vorschreibt, dass sie ihre Leistungen ihren Kindern gegenüber durch Geld zu erbringen haben, diese aber nicht durch Sachleistungen, also tatsächliche Sorge erbringen dürfen?

Klaus W.

Nana, Herr Rupp, was ist los mit Ihnen? Zuerst schreiben Sie einen (wirklich guten) Beitrag bei maedchenmannschaft, für den Sie sogar Beifall im Forum von wgvdl bekamen, und dann wagen Sie es auch noch öffentlich das Opfermonopol von Frauen in der TAZ zu kritisieren? Junge, junge, da dürfte das Parteiausschlußverfahren wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen. 😉
Ohne Amt kommt der Verstand? 😉

joerg

Ich habe nach wie vor ein Amt und vertrete die selbe Meinung wie seit Jahren. Und dafür gibt es keinen Parteiausschluss, sondern allerhöchstens Anerkennung für Hartnäckigkeit.-)

Christian

Es ist traurig, dass viele feministische Blogs hier so einseitig für ein Alleinsorgerecht der Frau eintreten und ein gemeinsames Sorgerecht nicht als Chance sehen. Man hätte es nach der Theorie eigentlich erwarten müssen, denn es ist ja ein Aufbrechen der Geschlechterrollen, eine Betonung, dass Kindererziehung nicht nur Frauensache ist etc.

Jörg Rupp

Naja, so wie Männer ihre Erfahrungen mit Frauen machen und das verallgemeinern gibt es eben Frauen, die ihre Erfahrungen mit Männern machen – und genauso reagieren. Ich habe gelernt, dass es genügend Frauen gibt, die in der Lage sind, differenziert an die Sache heran zu gehen. Und eben welche, die das nicht können. Und mit letzteren diskutiere ich dann nur kurz.