Weihnachten 2011

Im vorchristlichen Rom feierte der 25. Dezember  (Wintersonnenwende) die Rückkehr des Lichtes. Der Tannenbaum symbolisierte im Keltischen die Unsterblichkeit. Auch viele andere chritlichen Feiertage lassen sich auf ältere, heidnische Feiertage zurückführen. Das gehört heute zum Allgemeinwissen.

Die Heilsgeschichte der Christen, die Botschaft des Erlösers, so glaube ich, ist hinzugedichtet zu einem historischen Jesus, der vermutlich ein radikaler Gesellschaftskritiker war, gerichtet gegen die Unterdrückung durch das römische Reich, die Fremdbestimmung. Vermutlich ein Grüner 🙂 Die Botschaft des neues Testaments ist eine durchaus radikale, basisdemokratische und gerechte. Alles andere drumrum, Engel, Himmelfahrt und Wiedergeburt, göttliche Befruchtung, Hirten auf dem Feld deuten für mich eher auf klassische religionsstiftende Elemente hin, die Überhöhung Jesu zu Gottes Sohn und daraus resultierend das Christentum eher sogar widersprüchlich zu dem, was sonst überliefert wurde. Auch das heutige Christentum, vertreten durch die großen Kirchen, vor allem die katholische,  hat für mich wenig mit dem zu tun, was im Neuen Testament geschrieben steht. Der Jesus, der dort beschrieben ist, hätte den Pomp, die Ausbeutung, den Schutz Pädokrimineller, den unermesslichen Reichtum, das Behalten der durch Raub und Völkermord gewnnen Schätze des südamerikanischen Kontinents eine radikale Abfuhr erteilt. Die Idee, aus Gold, Weihrauch und Myrrhe in ihrer Symbolkraft Berge von Geschenken für Kinder und die Liebsten zu machen, erschüttert eigentlich. Die Umsetzung in der heutigen Zeit demonstriert Jahr für Jahr die Doppelmoral.

„Weihnachten wird unterm Baum entschieden“ – so titelt Media Markt in einer viel bescholtenen Werbung – von einem Boykott der Märkte (und anderen, zur Metro-Kette gehörend) ist nichts bekannt geworden. Wie für den gesamten Einzelhandel, so ist der Dezember ein wichtiger Umsatz- und Ertragsmonat. Woher der Brauch kommt, an dem Tag besonders gut und viel zu essen, an dem einem obdachlosen Paar mit kleinem Kind gedacht wird, weiß ich nicht – eigentlich ist es schon ein bißchen pervers. Und natürlich hat der Mediamarkt recht – er wird nur, wie so manch andere Borschaftsüberbringer – gescholten. Geköpft – als boykottiert – dazu reicht es schon nicht mehr. Denn die Konsumsucht ist soweit vorangeschritten und durchdringt die Gesellschaft so durch und durch, dass all dieses Geschimpfe nichts weiter als ein weiteres Zeichen der omnipräsenten Heuchelei ist. Leben nicht letztendlich auch die Kirchen gut von den gefüllten Kirchen an diesen Feiertagen, von der überbordenden Spendenbereitschaft in diesen Tagen. Weihnachten ist auch für Christengemeinschaften und all die anderen ein gutes Geschäft. Der Briefkasten quillt über von Post von Amnesty, Ärzte ohne Grenzen, Unicef und wie sie alle heißen und sie alle wollen auch die von der christlichen Ablassbereitschaft profitieren. Denn Geld regiert die Welt.

Für mich ist Weihnachten heute vor allem eines: der heilige Abend, an dem meine Familie versammelt ist und wir zusammen essen, was schon meine Eltern mit uns gegessen haben: Hühnerfrikassee in Königinpasteten, dazu Feldsalat. Wir schenken wenig und versuchen es bewusst zu tun, ersetzen verlorene oder kaputt gegangen Dinge, erfüllen Wünsche, die man sonst vor sich hinschiebt oder versuchen eine Freude zu machen. Ich verschenke gerne Bücher, meine Frau hat dieses Jahr die von meinen Söhnen „verlorenen“ Schraubenzieher bekommen, der eine große Sohn will nix – und kriegt nix – der andere  was zum Führerschein dazu. Wenn ich unterm Jahr etwas höre, was jemand vermisst, dann versuch ich mir das zu merken – und schenke damit Freude – meist. Manches kaufe ich gebraucht – so wie die Wii, die sich mein 8-jähriger sehr gewünscht hat. Jetzt muss er sich zukünftig seine Online- und TV-Zeiten noch besser einteilen….:-) Aber es gibt auch Selbstgebasteltes und meine Frau besteht auf den selbstgebackenenen „Brädle“ – oder Keksen unterm Baum. Und da die kleinen trotzdem um 9 ins Bett gehen – also so ein bis zwei Stunden später als sonst – und die Großen andere Dinge tun ist es alsbald ruhig am Heiligen Abend – und so soll es auch sein.

Ich will die Freude und die Vorfreude, die diese Tage mit sich bringen, nicht missen, ich will vor allem die Familienzusammenkunft nicht missen. Was ich vor allem in meinem Umfeld wahrnehme, ist der Wunsch, zum Ende des Jahres auch etwas zur Ruhe zu kommen, entschleunigen, Dinge zu tun, für die man sich sonst keine Zeit nimmt. Durchatmen. Ein bißchen Konsum gehört dazu. Aber für viele Menschen in diesem Land wird Weihnachten unterm Baum entschieden. Die Freude kommt mit der Größe oder dem Wert des Geschenkes. Und getrauert wird über die, die kein Geld für Geschenke haben. Das mag man bedauern. Trotzdem ist es so, die laute Kritik geheuchelt so wie die Weihnachtsansprachen und mehr. Denn was man tatsächlich kritisieren sollte –  das bleibt Tabu: die Kritik an einem kapitalistischen System, das die Ausbeutung zur Maxime und legitimen Mittel erhoben hat.

Und so kommt keine Kritik an den Zuständen in diesem Land, die dafür sorgen, dass die Armut der Vielen zunimmt ebenso wie der Reichtum der Wenigen. Und trotz dem lauten, allenthalben geäußerten Wunsch nach Frieden entscheidet das Kabinett auch nicht an Weihnachten, dass ab moren keine Waffen mehr auf Bundesgebiet produziert oder in Krisengebiete geliefert werden, niemand rückt die Steuerpolitik ins gerade Licht und erhebt die Steuern, um Hartz-IV-Empfänger_innen im nächsten Jahr zu Empfänger_innen eines bedingslosen Grundeinkommens zu machen, niemand holt die Obdachlosen von der Straße und gibt ihnen neue Perspektiven, keiner kündigt die Zusammenarbeit mit den Verbrechern in Russland oder China, niemand setzt Abschiebungen hierher geflüchteter Menschen in Not und Elend ab, keineR befreit Tiere, in Betlehem im Stall stehend, aus Massentierhaltung und Pein, sondern kauft Schnitzel, Pute und so weiter bei Aldi, Lidl und wie sie alle heißen. Naja, nicht keineR, aber immer noch zu wenige. Und so könnte ich eine Stunde lang weiter schreiben.

Und so ist Weihnachten auch ein politisches Fest. Für mich bleibt Ziel, das an einem hoffentlich nicht mehr fernen Tage einE Kanzler_in, ein Präsident vor die Menschen tritt und sie nicht nur mit Lippenbekenntnissen von Weihnachten erzählt, sondern sagt: ich habe die Botschaft ernst genommen, ab sofort leben wir danach und wir werden alles möglich machen, damit es den Menschen gut geht. Wir werden Frieden verbreiten und nicht Waffen, wir werden für Gerechtigkeit sorgen – und nicht für mehr Geld in den Kassen von wenigen. Dafür werde ich weiter eintreten.

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Neutrino

Vielleicht hast du den ersten Teil von den Film Zeitgeist (nicht neutral) gesehen, dort wird erzählt was alles heidnisch ist und dass die Sonne mit Jesus ersetzt worden sei um jedes Jahr seine „Auferstehung“ zu feiern.

Trotzdem war ich wie meistens zu Weihnachten im Gottesdienst unserer Gemeinde, was immer sehr abwechslungsreich ist. Jemand erzählte dort von seiner Reise im Dezember nach Bethlehem mit seiner Band, was für eine krasse Gastfreundschaft dort üblich ist und was für steile Straßen die schwangere Maria und Josef laufen mussten. z.B. wurde er immer zum Essen eingeladen und jemand hat ihn erwischt, als er Schokolade kaufen wollte und zahlte ihm sie dann.
Aber das Erlebnis mit den Soldaten hat er hinterher im persönlichen Gespräch erst erzählen wollen. Sie waren meistens an der 8m hohen Betonmauer, schwer bewacht von Soldaten mit Maschinengewehren, ständige Kontrollen mitten auf der Straße wo sie erzählen mussten woher sie kommen, was sie hier machen usw.. Sie durften nur rein, weil sie in Bethlehem Konzerte gaben und einer hat sich getraut, auf die Mauer ein Graffiti zu sprühen, während 7 Soldaten ihre MG im Anschlag hatten. Maria und Josef würden heute nicht in Bethlehem ankommen, die Israelis würden sie nicht reinlassen.
Tradition ist bei uns auch mit der Familie zusammen Weihnachten zu feiern, was leider immer schwieriger wird wenn immer mehr Arbeiten müssen und kein Urlaub bekommen.