Castor hin, Castor her

Atomsonne mit Victoryzeichen

Greenpeace hat eine erstaunliche Pressemitteilung herausgegeben. Darin heißt es unter anderem, basierend auf einer Studie des Diplom-Physikers Wolfgang Neuman:

Der nächste Castor-Transport muss nach Philippsburg rollen und nicht nach Gorleben

Danach verfügt das Zwischenlager am AKW Philippsburg über ein Drainagesystem, welches bei einem Flugzeugabsturz das ausströmende Kerosin ableiten soll. So können lang anhaltende Kerosinbrände vermieden werden. Zudem entfiele das in Gorleben nötige Umladen der Castorbehälter von der Schiene auf die Straße, da Bahngleise unmittelbar auf das AKW-Gelände Philippsburg führen, schreibt Greenpeace weiter in seinem Blog.

Der grün-roten Landesregierung wirft man „Wortbruch“ vor, weil diese ihren Einfluss bei der EnBW nicht geltend mache und eine solche Lagerung in Phlippsburg damit nicht herbeiführe. Der Umweltminister reagiert darauf mit einem offenen Brief(PDF) und weist den Wortbruch von sich und wirft statt dessen Greenpeace „Stimmungsmache“ vor. Das übliche politische Geschäft, wiese nicht Greenpeace richtigerweise darauf hin, dass Umweltminister Untersteller das früher mal selbst so von der CDU-geführten Landesregierung gefordert hatte, zwischenzeitlich das Land erheblich mehr Aktien besitzt als früher – wenn auch durch einen Staatsstreich, möchte man fast sagen – und ein solches Begehren so kurz vor dem wahrscheinlich anstehenden Castortransport Ende November schon gut wäre. Ein aktives Betreiben dieser alten Forderung sieht anders aus – wobei wir alle nicht wissen, was bi(oder mehr-)lateral da in Hinterzimmern läuft. (So richtig vorstellen, dass Herr Villis da vorprescht, kann ich mir allerdings auch mit den veränderten Besitzverhältnissen nicht.). Sei’s drum, offene Briefe hin- und herschicken hilft da auch nicht weiter – außer der Atomlobby womöglich.

Als gäbe es nicht schon genug zu lesen, legen die Südwestdeutschen Antiatominitiativen nach – und kritisieren Greenpeace in einem weiteren Schreiben(PDF), in dem es unter anderem heißt:

Ironischerweise ist das Zwischenlager in Philippsburg ansonsten die gleiche Kartoffelscheune wie in Gorleben, deshalb ist die Greenpeace-Forderung am Schluss des Films: „Kein Atommüll ins Kartoffellager! Zwischenlagerung in Philippsburg genehmigen.“ absurd.

[…]

Die Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen lehnen jegliche Atommülltransporte ab, solange in Atomkraftwerken, Atomforschungseinrichtungen, Uranminen, Urananreicherungsanlagen und Brennelementefabriken weiter neuer Atommüll produziert wird. Die Atommülltransporte dienen nur einem Zweck: Atomanlagen weiter betreiben zu können und eine Lösung der Atommüllproblematik vorzugaukeln. Mit dem Abtransport aus der Plutoniumfabrik in La Hague wird dort Platz geschaffen, für die weitere Abtrennung von atomwaffenfähigem Plutonium und einhergehender Verseuchung der Umwelt besonders im Ärmelkanal und der Normandie.

Ergänzend zu diesem Schreiben, hatte ich heute eine Diskusion via Twitter mit dem Twitteraccount der Nachttanzblockade Karlsruhe resp. der südwestdeutschen Anti-AKW-Initiativen (die Veranstaltung beim Transport aus dem ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe im Februar diesen Jahres, die zur zeitweiligen Bloackde geführt hat, hatte ich selbst angemeldet). Der Tenor war ähnlich, davon abgesehen, dass sich der/diejenige, die den Account bediente, sich mit Vorwürfen zur grünen Antiatompolitik äußerte

Na, wenn IHR die #AKW stillgelegt hättet (2004, oder eben jetzt), DANN müssten wir Standort JETZT diskutieren.

Schlimm fand ich aber den Gedanken, dass das Verursacherprinzip hier völlig außer Acht gelassen wird. Es gibt keine Idee, dass die Standorte La Hague oder Sellafield gar nicht geeignet sein könnten für eine Zwischenlagerung. Von „Kartoffelscheunen“ bzgl. Gorleben und Philippsburg zu sprechen und das strahlende Zeug ausgerechnet in La Hague belassen zu wollen! Vielleicht wäre ein Besuch dort vor Ort hilfreich, um nachzuvollziehen, dass diese WAA um ein Vielfaches gefährlicher ist als die im Vergleich dazu harmlosen Zwischenlager in unserem Land. Auch die Endlagersuche wird abgelehnt, mit den Worten:

Der Müll IST dort! Wir sagen nicht dass er da für immer bleiben soll. Aber: erst Stilllegen!

Das ist St. Floriansprinzip. Es gibt, wie Franz Untersteller richtig in seinem Brief an Greenpeace schreibt, internationale Verträge über die Rücknahme dieses Atommülls. Und letztendlich gehören die CASTORen in die Zwischenlager der AKW-Betreiber, die sie genutzt haben. Das wäre die Ideallösung – bis ein Endlager gefunden ist. Ich finde nicht, dass man so tun kann, als gäbe es den bisher produzierten Atommüll nicht, die Rücknahmeverpflichtung nicht und als löste der Nichttransport irgendwie irgendetwas. Die Antiatominitiaven zeigen sich hier zwar vordergründig kompromisslos und der „reinen Lehre“ verpflichtet, verkennen aber, dass sie das bundesdeutsche Problem auf England bzwl. Frankreich abwälzen – unter vermutlich erheblich schlechteren Sicherheitsbedingungen. Das Risiko für eine Verseuchung der Nordsee wird dadurch erhöht. Dabei wird auch negiert, dass es keine gesellschaftliche noch eine parlamentarische Mehrheit für einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie gibt – so traurig und falsch das auch sein mag. Wenn ich aber am Ende in dieser Frage etwas erreichen will, muss ich die Tatsachen akzeptieren und mit diesen umgehen.

Politik zu machen, mit

Und die Lösung ist: sofortige Stilllegung aller Atomanlagen durchsetzen + so lange Sand im Getriebe sein, statt mitzuhelfen.

ja, damit kann ich auf die Straße gehen. Politik machen und die Stillegung tatsächlich irgendwann erreichen – das wird so nicht klappen.

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