Der Prozess gegen Jörg Tauss

Seit dem 18. Mai 2010 wird gegen Jörg Tauss, ExMdB der SPD, jetzt Piratenpartei wegen dem Besitz von Kinderpornografie vor dem Landgericht Karlsruhe verhandelt. Es ist viel geschrieben worden über diesen Prozess und seine Vorgeschichte. Ich habe selbst im Rahmen der damaligen Presseberichte dazu öffentlich mittels Pressemitteilungen als Bundestagskandidat Stellung genommen bzw. dazu gebloggt (hier und hier). Interessant und erschreckend fand ich von Anfang an die Vorverurteilung, die fehlende Solidarität und Unterstützung seitens der SPD und das Auftretend er Staatsanwaltschaft, die meinem Eindruck nach alles getan hat, um Tauss in schlechtem Licht erscheinen zu lassen.

Kleine Episode am Rande: bei der 1. Mai-Feier 2009 in Ettlingen wurde mir seitens einiger SPD-Mitglieder Dank dafür ausgesprochen, dass ich mich so öffentlich geäußert hätte und für die Unschuldsvermutung eingetreten war. Mein Frage, warum denn seitens der SPD nichts gekommen wäre, blieb leider unbeantwortet.

Als Bundestagskandidat nimmt man auch an gesellschaftlichen Ereignissen wie dem Fassanstich bei einem Straßenfest teil. Beim Ettlinger Straßenfest tat ich das auch – mehr aus der Idee heraus, dass es fahrlässig wäre, es nicht zu tun, als dass ich es tatsächlich sinnvoll fand. Dabei trug sich folgendes zu, was ich dann auch gegenüber Tauss‘ Rechtsanwalt so per E-Mail beschrieben hatte:

am letzten Samstag, beim Fassanstich zum Ettlinger Marktfest trug sich Folgendes zu:

ich war in meiner Funktion als Bundestagskandidat für die GRÜNEN beim Fassanstich zum Ettlinger Marktfest anwesend. Nach dem Fassanstich begrüßte ich Frau Büssemaker und plauderte kurz mit ihr. Sie sagte während des Gesprächs auch, dass sie sich ja nicht mehr mit jedem sehen lassen wolle. Ich fragte sie, wen sie meine, sie benannte Herrn Tauss. Ich wies darauf hin, dass in diesem Staat ja die Unschuldsvermutung
gelte und diese ein hohes Gut sei. Daraufhin meinte sie mir erzählen zu müssen, sie habe ja schon so viel darüber von der Polizei gehört und winkte dabei ab.

Ich frage mich nun, in welcher juristischen Funktion Frau Büssemaker aus Polizeikreisen Informationen zu einem laufenden Verfahren gegen einen Bundestagsabgeordneten erhält, gegen den bis dato noch nicht einmal die
Immunität aufgehoben ist.

Diese Angaben bin ich gerne bereit, an Eides Statt zu bestätigen. Denn, selbst wenn etwas dran wäre an all den Vermutungen und Verdächtigungen – niemand hat das Recht, zum jetzigen Zeitpunkt ein Urteil zu fällen. Der Druck, der zur Rückgabe der Ämter und zur Aufgabe des Mandats geführt haben, ist ein glatter Bruch rechtstaatlicher Verfahren.

Ich veröffentliche dies heute, weil an mich die Bitte herangetragen wurde, aus dieser Mail zitieren zu dürfen, auch mit Namensnennung. Ebenfalls hat mich heute ein Pressevertreter angerufen und mich zu den damaligen Stellungnahmen befragt. Ich halte es daher für angebracht, diesen Vorgang zu veöffentlichen – der in meinen Augen belegt, dass Stimmung gegen Jörg Tauss gemacht wurde. Das ist einem Rechtsstaat und der Funktion der Bundestagsabgeordneten als unabhängige Vertreter nicht angemessen und ich halte das für eine Gefahr für den Rechtsstaat.

Interessante Infos zum Verfahren auch in Schrozbergs Blog.

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Daniel

Sehr Schön finde ich zu dem Thema auch den Artikel „Wahrnehmung schlägt Fakten: Der Fall Tauss“ ( http://www.moenikes.de/ITC/wp-content/uploads/2010/05/Auszug-Die-Wahrnehmung-schl%C3%A4gt-die-Fakten.pdf ) (pdf)

Unabhängig von der Berechtigung/nicht Berechtigung der Vorwürfe ist auf jeden Fall massiv Stimmung gemacht worden und zwar in einem Maße das nicht mit „Unachtsamkeit“ oder „Kommunikationsfehlern“ allein begründet werden kann. Egal wie das Verfahren für Tauss am Ende ausgeht, die Strafe hat er schon erhalten.

Ich finde es sehr erfreulich, dass sich in diesem Fall auch Stimmen regen, die der Unschuldsvermutung das Wort reden und Ungereimtheiten ansprechen.

Klaus W.

Jörg Rupp schrieb:

„Das ist einem Rechtsstaat und der Funktion der Bundestagsabgeordneten als unabhängige Vertreter nicht angemessen und ich halte das für eine Gefahr für den Rechtsstaat.“

Genau so ist es. Danke für diese klaren Worte.

[…] berichtet jedenfalls Schrozbergs Blog: So verfügte offenbar Frau Gabriela Büssemaker (Oberbürgermeisterin in Ettlingen, FDP) über polizeiinterne Kenntnisse die sie, rechtsstaatlich […]

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Das Juni-Gewinnspiel – Update!…

Habe Deinen Beitrag interessant gefunden und einen Trackback gesetzt. Solltest Du damit nicht einverstanden sein, Nachricht genügt……

Reinard Schmitz

Danke. Dieser Blog-Beitrag ist nicht nur honorig und offen. Er war notwendig und überfällig. Wie in diesem Ermittlungsverfahren von Anfang an Grundrechte gebeugt und geschreddert wurden muss JEDEN mehr als beunruhigen, dem an Rechtsstaatlichkeit etwas liegt.

[…] nur von der Staatsanwaltschaft wurde Meinungsmache betrieben, sondern auch von Politikern auf die dann anscheinend extrem schlecht ausgebildete “Journalisten” […]

Wolfgang G. Wettach

Wenn dieses Blog einen Flattr-Button hätte, würde ich es bei diesem Beitrag anklicken. So schreibe ich einfach: Gut so, Jörg. Zur Wahrheit gehört auch zu sagen wo die anderen lügen – und mangelnde Ehrlichkeit scheint einer von vielen Faktoren bei dieser Hetzjagd und Ausgrenzung zu sein.