Gemeinschaftsschule in Malsch

Zur Gemeinschaftsschule in Malsch gab es am Montag abend eine Sondergemeinderatssitzung. Hintergrund ist, dass jetzt endlich die Kosten für den Umbau der Hans-Thoma-Schule, bislang Haupt- und Werkrealschule auf dem Tisch liegen. Am Ende reden wir über 14 Mio € – CDU und Freie Wähler(PDF)  wollten diese Kosten nach Wettbewerb gedeckelt haben auf 3,5 Mio €. Fakt ist dabei, dass das SChulgebäude einen Sanierungsstau von ungefähr 5,5 Millionen Euro hat. Fakt ist außerdem dabei, dass in den 14 Mio € der Sportbereich mit eingepreist ist – etwas, das a) ganz am Ende der Sanierung/Umbau steht, und etwas , das vielleicht mit kreativen Plänen tatschlich etas günstiger zu erreichen ist. Und c) das Lehrschwimmbecken mit beinhaltet, über dessen Sanierung nur positiv beschieden werden wird, wenn die Entscheidung 2018/Frühjahr 2019 gefällt werden wird – da sind wieder Kommunalwahlen.

Der Bericht in den heutigen BNN stellt leider nur wenig die tatsächlich stattgefundene Debatte dar – vor allem nicht die der Fraktionen – die eigentlich wichtige Botschaft. CDU und Freie Wähler schaffen es, den Sanierungsstau komplett auszublenden. In ihren Stellungnahmen hat vor allem die CDU immer wieder betont, dass die Hans-Thoma-Schule keinen Sanierungsstau hätte, man immer wieder investiert hätte.

Die Schule aber als maroden Sanierungsfall schlecht zu reden ist so nicht richtig. Zwischen 2000 und 2013 wurde viel Geld investiert in Maßnahmen wie die Sanierung der Dächer, Elektroarbeiten in Klassenzimmern und Fluren des Altbaus, die WC-Anlagen im Altbau, Datenleitungen im Neubau. Fenster in UG, EG, 1. und 2. OG wurden zwischen 2005 und 2009 zum Teil im Rahmen des Konjunkturprogramms erneuert. Erst 2010 wurde in den FachraumHTW und den PC-Raum investiert. Aktuellste Maßnahme ist 2013 und 2014 die Modernisierung der IT- Infrastruktur und -ausstattung.

Fakt ist, dass in der Präsentation HTS_Schulbeirat_141127_jog-2 (PDF)  nun folgender Satz zu lesen ist:

Deutliche Defizite des Gebäudes im Sicherheitsbereich, Brandschutz und den technischen Anlagen

Sanierungsbedarf:

Kurzfristig:
Umsetzung der Brandschutz- und Sicherheitsrelevanten Maßnahmen erforderlich.
Überschlägiger Kostenansatz: ca. 500 bis 750 T€
Mittel- bis Langfristig: (5 bis 10 Jahre)
Sanierung der Technischen Anlagen und energetische Maßnahmen erforderlich.
Überschlägiger Kostenansatz ca. 5 Mio. €

Also knapp 6 Mio € für Sanierungen, die eingespart wurden – wie ja auch beim Lehrschwimmbecken, dem der Haumeister keine 3 Jahre mehr gibt. Alleine die nicht erfolgten Brandschutzinvestitionen sind ein regelrechter  Skandal und wir bewegen uns hier außerhalb der gesetzlichen Vorgaben – sind also überüberfällig. Man hat zu Lasten künftiger Ausgaben „gespart“, also schlicht notwendige Sanierungen verschoben.

Mit dieser Strategie versuchen nun Freie Wähler und CDU dem SPD-Bürgermeister diese Ausgaben alleine „in die Schuhe“ zu schieben. Dabei geht es letztendlich um den Schulstandort – und die Zukunft der Gemeinde:

Mein Rede(entwurf) dazu:

Zur Debatte über die Kosten des Umbaus zur Gemeinschaftsschule. Mein Redeentwurf – es gilt das gesprochene Wort:

Sie erlauben sicher einen kleinen Rückblick: Im Jahr 2008 schrieben 96 von 131 angeschriebenen Schulleitern dem damaligen Kultusminister von CDU in einem Brandbrief: „Das Festhalten des Landes am starren dreigliedrigen System gefährde zahlreiche Standorte, widerspreche internationalen Erfahrungen und sei gegenüber den Schülern ungerecht“.“ Sie verweisen auf internationale Studien, nach denen gemeinsames Lernen die Leistung in der Breite wie in der Spitze steigere. Das bestehende System grenze dagegen aus, statt zu integrieren und zu fördern. Die Schulleiter betonen bei ihrer Forderung eines Systemwechsels zur Gemeinschaftsschule auf einen weiteren Effekt: Viele kleine Orte könnten so ihre Schule als „kulturellen Mittelpunkt einer Gemeinde“ behalten.“

Nach dem Wechsel zu grün-rot wurde die Gemeinschaftsschule eingeführt und damit endlich auf die zurückgehenden Schülerzahlen reagiert – vor denen CDU und FDP schlicht die Augen verschlossen haben. Die GMS erweist sich landesweit als Erfolgsmodell. Insgesamt sind es zwischenzeitlich 214 Gemeinschaftsschulen landesweit, darunter 5 Privatschulen und 12 Realschulen. Und die GMS war die Chance für Malsch, weiterhin Standort für eine weiterführende Schule zu sein.

Ziel war und ist, neben einer Lernform, bei der längeres gemeinsames Lernen möglich ist, eine Schulform zu schaffen, bei der alle Abschlüsse bis zum Abitur gemacht werden können.

Nun stehen wir hier vor erheblichen Kosten für den Umbau der Hans-Thoma-Schule.

Laut der vorliegenden Präsentation von Drees & Sommer hat die HTS einen Sanierungsstau von kurzfristig 500-750 k €, mittel- bis langfristig von 5 Mio €. Im Februar nannte das die CDU in Malsch: (Zitat) nach Bedarf und mit Augenmaß, so wie die Investitionen in den letzten Jahren. Dasselbe Augenmaß, das zu einem Deckel von 3,5 Mio € geführt hat. Ich nenne das „die Augen verschließen vor den Realitäten“. Diese Kosten für den Sanierungsstau sind aus der Kostenbetrachtung Gemeinschaftsschule gesondert auszuweisen – sodass wir letztendlich über 5 bis 5,5 Mio € für die Gemeinschaftsschule reden. Eine Gemeinschaftsschule, von der ich von Eltern aus dem Ort höre, dass sie UND DAS PÄDAGOGISCHE KONZEPT als gut empfunden wird. Herr Wipfler und die ganze Schule leisten dort wirklich hervorragende Arbeit.

Aber eigentlich stellt sich ja nicht nur die Frage nach den Kosten für den Umbau der Schule – es stellt sich auch die Frage, was es kostet, den Umbau nicht zu machen. Schule im Ort ist mehr als nur ein Lernort, eine Schule, zumal eine Ganztagesschule, ist ein Ort der kulturellen Begegnung der Menschen, die hier leben, ein zusammen aufwachsen von Kindern, ein Ort, der Gemeinsinn und Gemeinschaftssinn stiftet. Wenn wir heute sagen: nein, wir nehmen diesen Umbau nicht auf uns, wir tragen die Kosten nicht, weil wir nicht wissen, was wir uns dann nicht mehr leisten können – ein veritables Argument – denn es muss ja nicht nur das Kanalnetz saniert werden – nochmal so ein Stau – und der Breitbandausbau, den die Telekom nicht wirklich leisten will, steht auch noch an, dann müssen wir überlegen, was dann passieren kann.

Ein Ende der Gemeinschaftsschule Malsch bedeutet, dass ein großes Gebäude, das für 10 Klassenstufen ausgelegt ist, zukünftig von nur noch 4 Klassenstufen besucht werden wird. Auf gut Deutsch: mittelfristig werden wir die Hebelschule und die evtl. die anderen Schulen schließen müssen, je nach Schülerzahlen – weil eventuell einige Familien ihre Kinder auf auswärtige Gemeinschaftsschulen schicken werden. Aus ist es mit „Kurze Beine, kurze Wege“ in Malsch.

Was das für den Zuzug junger Familien mit Kindern oder Kinderplanung bedeutet, können Sie sich alle selbst ausrechnen. Sinkende Immobilienpreise werden die Folge sein. Ein Ort, der aber nicht attraktiv ist für Familien – zieht auch kaum Gewerbe an, deren Mitarbeiter hier leben könnten, was Auswirkungen auf die Gewerbesteuer haben wird. Dem örtlichen Handwerk fehlt noch stärker der Nachwuchs, den Vereinen gehen die Mitglieder aus. Wir müssen mit zurückgehenden Bevölkerungszahlen rechnen – und das bei gleichbleibenden Infrastrukturkosten.

Bei allem Respekt für den genauen Blick auf das, was die Gemeinde leisten kann – ich bin der festen Überzeugung, das 5 Mio € sparen ein Vielfaches an Einnahmenausfall verursachen wird. Wir dürfen nicht nur auf die Hans-Thoma-Schule und den Umbau schauen. Der kurzfristige Blick auf die Kosten des Umbaus ist derselbe kurzfristige Blick, der auch dazu geführt hat, dass die Gemeinde den Sportpark nicht gekauft hat – was in Hinblick auf die notwendigen Betreuungsräumlichkeiten zu Mehrkosten beim Umbau der Hans-Thoma-Schule führt. Und darüber hinaus ist es wichtig, dass wir die Einnahmen der Gemeinde realisieren, die wir realisieren können, bspw. Bei den Umlegungskosten für neue Baugebiete. Eine Gemeinde ist keine GmbH, Volkswirtschaft etwas anderes als Betriebswirtschaft. Und eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen. – wusste schon Benjamin Franklin

Einfacher macht es nicht, dass die Schulbauförderrichtlinien des Landes noch nicht verabschiedet sind. Aber auch das ist die Folge nicht erfolgter Reaktionen auf Landesebene – die CDU im Land hat jahrelang keine Konsequenzen aus den rückläufigen Schüler_innenzahlen an den Hauptschulen im Land gezogen. 2008 haben sie halbherzig die Werkrealschule eingeführt – die die Situation auch nicht verbessert hat. Erst grün-rot hat die Gemeinschaftsschule eingeführt – und nun fehlen halt aufgrund der Dringlichkeit Förderrichtlinien, regionale Schulentwicklung. Das macht aber am Ende keinen Unterschied: Malsch benötigt eine weiterführende Schule. Wer das aufgrund von Kosten ignorieren möchte und dabei unredlicher Weise den selbst herbei geführten Sanierungsstau mit einberechnet – riskiert die Zukunftsfähigkeit des Ortes. Etwas, das die Eltern in ihren vielen Redebeiträgen auch deutlich gemacht haben. Die haben weitaus mehr kapiert als die beiden großen Parteien in Malsch.

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