Liebe Steffi, liebe Anne,
ich reagiere mit einem halboffenen Brief – das heißt, er geht nicht an die Presse, aber in mein Blog und den einen oder anderen Verteiler – auf Eure Pressemitteilung zu den Berichterstattungen zu Professor Amendt und seiner Forderung, die Frauenhäuser abzuschaffen.
In Eurer Pressemitteilung sprecht Ihr von einem „ typischen Männerreflex” auf die Existenz von Frauenhäusern. Nun, dieser Halbsatz ist der Anlass, mich zu äußern.
Ich bin ein Mann und ich „reflexe“ in diesem Punkt nicht. Ich kenne viele andere Männer, darunter viele grüne Männer, die diesen „Reflex“, der doch so typisch sein soll, nicht drauf haben. Mit dieser Pressemitteilung diffamiert ihr pauschal alle Männer (in Deutschland) – und ich bin ziemlich sicher, dass die überwiegende Mehrheit der in Deutschland lebenden Männer überhaupt nichts gegen Frauenhäuser hat. Amendt steht für einen Teil der sehr radikalisierten Männerbewegung – nicht aller Männerbewegten, sondern nur für einen sehr speziellen Teil. Diese Männer sind unzufrieden mit ihrer Lebenssituation, haben oft sehr schlechte persönliche Erfahrungen mit Frauen gemacht, mokieren sich über Frauenbibliotheken (oder gar Frauenbadetage), als gäbe es sonst nichts auf der Welt, meinen, sie könnten einen erfolgreichen Zeugungsstreik organisieren oder gar die Uhr auf 1899 zurückdrehen. Sie finden die Losung “Frauen und Kinder zuerst” diskriminierend und erzählen voller Stolz, dass sie auf einem Frauenparkplatz geparkt haben. Amendt ist einer ihrer Wortführer, andere sind Existenzen wie Arne Hoffmann. Ihr findet ihre Verlautbarungen im Internet, in Blogs wie Gendarama, oder Foren wie pappa- oder wgvdl.com (wo ja auch das grüne Frauenstatut als „Rassenstatut“ diffamiert wird). Darunter sind auch Männer aus der evangelikalen oder erzkatholischen Bewegung, die Frauen gerne wieder in aus ihrer Sicht „natürlichen“ Rolle sähen – an Heim und Herd.
Diese Männer stören sich daran, dass es für Frauen Frauenhäuser gibt, aber für Männer, die häusliche Gewalt erlebt haben, keine entsprechende Beratung oder gar Unterkunft. 5% der Männer machen eine solche Erfahrung, stellte das Familienministerium in der rot-grünen Regierungszeit in einer Pilotstudie fest. Und wir haben ja genau auch deshalb in unserem Wahlprogramm die Forderung erhoben, dass dieser Pilotstudie eine ordentliche Studie folgen muss.
Diese Männer bilden sich ein, Frauen würden milder bestraft. Sie denken – und zerren an den Haaren Beweise herbei – wonach es einen Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen nicht gäbe. Sie sind keinen Argumenten zugänglich und interessanterweise finden sich auch eine ganze Reihe von Frauen unter ihnen. Dabei sind sie allerdings nicht in der Lage, selbst etwas an dem von ihnen so wahrgenommen Unrecht auf die Beine zu stellen oder sich gar erfolgreich dagegen zu engagieren.
Und diese Leute glauben eben auch, dass „die Emanzen“ das Ruder übernommen hätten – nun, alleine diese Phantasie sagt mehr über ihre Ängste als ihnen lieb sein könnte. Es gibt diese Männer, so wie es immer noch Frauen gibt, die der „Schwanz ab“- Fraktion angehören – oder Männer grundsätzlich verteufeln. Meine eigenen Erfahrungen innerhalb der grünen Partei, als ich begonnen habe, mich um die Vernetzung von Männern zu bemühen, sind mir da noch sehr gegenwärtig.
Ich und viele anderen Männer in diesem Land sind bei Euch in der Frage, dass die Frauenhäuser erhalten bleiben müssen. Auch wenn es glaubwürdige Berichte darüber gibt, dass dort nicht immer nur parteiisch, was legitim ist, sondern auch tatsächlich manchmal auch eskalierend beraten wurde. Doch das ändert nichts an der Notwendigkeit von Frauenhäusern.
Aber bei allem, was Recht ist, und was notwendig ist an öffentlicher Reaktion auf eine Gestalt wie Professor Amendt – Männer wie ich möchten von Euch nicht mit denen in Sippenhaft genommen werden. Ihr tut damit der Männerbewegung, – wie ihr sie bspw. bei der Böllstiftung antrefft – die auf Dialog in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit setzt, keinen Gefallen. Die gesellschaftlichen Aufgabenstellungen in Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit oder “Gender Mainstraming” werden nur Männer UND Frauen und alle anderen gemeinsam lösen können. Eine Klarstellung wäre, denke ich, angebracht.
männergrüne Grüße