Her mit Euren Namen

Am 3. Juli kam unter dem Titel „Die Blender-Republik – wie weit kommt frech?“ eine der letzten Sendungen mit Anne Will auf dem Sonntag-Sendeplatz.

Der FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis. Die Internetplattform „VroniPlag“ will auf 136 Seiten seiner Doktorarbeit Plagiate entdeckt haben. Chatzimarkakis weist die Vorwürfe zurück und sieht sich an den Pranger gestellt.

Und Chatzimarkakis war (neben Anke Domscheit-Berg, Michael Spreng und Bertram Quadt) auch selbst Diskussionsteilnehmer. Im Blog von Konrad Neuwirth findet man dazu einen interessanten Beitrag, der mit den Worten endet:

Übri­gens ent­behrt es nicht einer dunk­len Iro­nie, dass gerade ein Autor, in des­sen Dis­ser­ta­tion diverse Pla­giate nach­ge­wie­sen sind, von den Recher­cheu­ren eine nament­li­che Kenn­zeich­nung ihrer Arbeits­leis­tung ein­zu­for­dern ver­sucht, oder?

Das war für mich die Essenz des Abends – neben einem seltsamen Rechtsverständnis, dass die Rechtmäßigkeit der Recherche über Veronikas Saß‘ Doktorarbeit mit „Sippenhaft“ beschreibt. Ausgerechnet die Tochter des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten soll sakrosant sein? Nur, weil sie selbst kein öffentliches Amt bekleidet? Ich nehme an, Veronika Saß hat die Vorteile der Prominenz ihres Vaters durchaus positiv zu würdigen gewusst. Nun muss sie auch mit den Nachteilen leben. Das ist der eine Punkt.

Der andere war für mich die Deutlichkeit, mit der sich der Plagiator Chatzimarkakis darüber ereiferte, dass diejenigen, die (nicht nur) seine Doktorarbeit öffentlich überprüfen, anonym bleiben wollen. Und sich auch noch die Mitdiskutantin (eine Sternstunde bei Anne Will) Anke Domscheit-Berg im direkten Schlagabtausch mit ihm positiv darüber äußerte. Chatzimarkakis, dem heute der Dokotortitel aberkannt wurde, bekam sich schier nicht mehr ein.  Und mir war völlig klar, was der Grund dafür war.

Da sitzt einer, daran gewöhnt, einen gewissen Einfluss zu haben und muss zuschauen, wie öffentlich, für jedeN einsehbar, im Internet seine Doktorarbeit auseinandergenommen wird, er des Plagiats überführt wird – und seine ganzen Beteuerungen nichts helfen: die machen einfach weiter. Ich kann mir vorstellen, dass er viele Mails geschrieben hat, um das zu ändern. Er hat keinerlei Einflussmöglichkeit, muss machtlos zuschauen, wie er demontiert wird. Und so ist auch klar, warum er die Namen wissen will. Denn würden er und seine KollegInnen – Guttenberg, Koch-Mehrin, Saß usw. – die Namen derjenigen kennen, die VroniPlag betreiben – sie würden nicht ruhen, bis die Seite vom Netz  ist. Die BetreiberInnen mit Gerichtsverfahren überziehen, einstweilige Verfügungen erwirken, Gegendarstellungen, Geldstrafen, die ganze Batterie. Aber so – muss er da sitzen und warten, bis sie fertig sind. Und die Uni entschieden hat. Ohne, dass er großartig was dran machen kann. Sein ganzer Einfluss – nichts wert. Reduziert auf die Fakten. Und die sprachen offenbar gegen ihn.

In der Dissertation hätten die Prüfer in zahlreichen Fällen aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten entlehnte Passagen gefunden, die nicht als wörtliche Übernahmen gekennzeichnet waren, erklärte die Universität zur Begründung.

[…]

Er räumte aber ein, dass seine Zitierweise vielleicht missverständlich war.

 

Wie wichtig die Möglichkeit ist, anonym im Netz zu bleiben – eine gutes Beispiel. Und der oder die nächste zittert schon vor der Überprüfung seiner oder ihrer Zitierweise…..

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Tim Bartel

Interessanterweise las man in den letzten Tagen gleich an mehreren Stellen die Meinung, dass die Pseudonymität in den Plagiatewikis eine notwendige Voraussetzung für deren Erfolg sei. Ich teile diese Einschätzung weitestgehend, da ansonsten viel eher von der Sachdiskussion auf eine Personendiskussion umgeschwenkt worden wäre. Das ist auch wohl das Ziel, was ich den betroffenen Personen, die das gefordert haben, unterstelle.

Eine der wenigen Gegenstimmen, die ich gehört habe, kam von Torsten Kleinz (http://notes.computernotizen.de/2011/07/03/zwei-missverstandnisse-zur-anonymitat/) mit dem ich sonst in den allermeisten Themen überein stimme. In diesem Punkt allerdings nicht.

Noch eine kleine Korrektur zu deinem Beitrag: Der Betreiber (Wikia) ist schon bekannt. Da wir in den USA sitzen, ist der juristische Weg nicht so ganz einfach, aber wer möchte, kann natürlich versuchen mit legalen Mitteln gegen uns vorzugehen. Bei Guttenberg und Chatzi hätte ich mir das ja fast schon gewünscht…

Richtig ist aber auch: So gut wie alle aktiven Mitarbeiter in den Plagiate-Wikis, die mit ihrem Realnamen bekannt sind, sahen sich einer ganzen Reihe von unerfreulichen Drohungen und (verbalen) Angriffen ausgesetzt. Das geht von anonymen Drohbriefen „dass man Besuch bekäme“ über augenscheinlich unter Realnamen abgesendete Mails, die fordern, alle Mitarbeiter in den Plagiatewikis zu vergasen. Insofern kann ich alleine schon aus dem Grund den Wunsch der meisten Mitarbeiter nach Pseudonymität sehr gut nachvollziehen.