Mich erreichte dieser Tage eine E-Mail, die mich an die Geschichte Malscher Juden erinnerte, die 1938 versuchten, an Bord des Passagierschiffes „St. Louis“, Deutschland zu verlassen und in Kuba aufgenommen zu werden. Die Geschichte ist ausführlich durch die Heimatfreunde Malsch dokumentiert.
Kurz beschrieben:
1938 erklären Vertreter westlicher Demokratien in Evian am Genfer See, ihre Staaten könnten keine Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland aufnehmen. Am 13. Mai 1939 verlässt das Passagier-Schiff St. Louis den Hamburger Hafen Richtung Kuba, beladen mit über 900 jüdischen Flüchtlingen, unter ihnen auch 21 Menschen aus Malsch südlich von Karlsruhe. Die Regierungen der USA und Kubas verweigern den Passagieren die Einreise, das Schiff muss zurück nach Europa. Die fast Geretteten können nach über einem Monat Irrfahrt am 17. Juni in Antwerpen an Land, nachdem sich wenige europäische Staaten endlich zur Aufnahme bereit erklärt haben. Einige der aus Malsch Geflohenen landen ungefragt in Belgien

Nachdem die Wehrmacht 1940 Belgien überfiel, waren die Menschen wieder im Herrschaftsbereich der Nazis und wurden zum Teil in Konzentrationslager verschleppt und ermordet.
Von den 937 Passagieren auf der St. Louis starb 1 Person auf der Fahrt nach Havanna.
254 starben in Auschwitz oder Sobibor, in Internierungslagern, Verstecken oder auf der Flucht. Ungefähr die Hälfte der St. Louis Passagiere emigrierte nach und nach in die USA, andere fanden Zuflucht in vielen anderen Ländern der Welt, nachdem es ihnen gelungen war, sich vor den Nationalsozialisten zu verstecken oder zu fliehen.
Von den 8 in Belgien verbliebenen Malscher St. Louis-Passagieren kamen 6 in Auschwitz um
Solche Vorfälle sind die Ursache für Regularien in der Genfer Flüchtlingskonvention, die so niedergeschrieben stehen:
Art. 33 GFK – Verbot der Ausweisung und Zurückweisung
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1.
Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit. seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde

Diese Regelung wird de facto spätestens seid dieser Woche gebrochen. Italien verweigert die Aufnahme von Flüchtlingen, die aus Seenot gerettet wurden. Nach dem faktischen Verbot der privaten Seenotrettung durch Mitgliedsstaaten der EU hat Italiens rechtsextreme Regierung dafür gesorgt, dass auch der EU-geführte Einsatz Eunavfor Med Operation Sophia keine Seenotrettung mehr durchführen kann – alle Schiffe wurden in die Häfen zurückgerufen. Damit werden de facto die Menschen, die sich als Flüchtende aufs Mittelmeer wagen, alleine ihrem Schicksal überlassen. Mir fehlen zwischenzeitlich die Worte bei so viel staatsgetragener Unmenschlichkeit, die eindeutig mit den „Absaufen“-Rufen bei Pegida korreliert.
Europa ist kaputt. Und es gibt niemanden,der sich dem ernsthaft entgegen stellt. Ob die Demos für die Seenotrettung wirklich ausreichen, darf ernsthaft bezweifelt werden. Wir haben eine historische Verpflichtung, diese Unmenschlichkeit nicht weiter hinzunehmen.