Miteinander geht es ….

….so ein altes Zupfgeigenhansel-Lied. Und natürlich haben sie recht. Die Zugehörigkeit zu Gruppen kann in viele Dinge Bewegung bringen, das gemeinsame Auftreten verstärkt die eigene Meinung. Wir erleben es allenthalben in der Gesellschaft – beim Public-Viewing oder in Fussball- oder anderen Sportarenen, bei Demonstartionen, Parteitagen, Vereinstreffen, …immer da, wo wir uns einer Gruppe zugehörig fühlen, fühlen wir uns dann auch wohl.

So kommt es dann in Parteien zu Grüppchenbildung. Bei uns GRÜNEN sind es die Realos und die Linken. Dazwischen gibt es nichts, diejenigen, die sich weder rechts noch links fühlen oder wenigstens keiner Gruppe zugehörig, haben logischerweise keine Vertretung, sind nicht organisiert, wie man so schön sagt. Man erwartet Geschlossenheit von seinen jeweiligen Gruppen, zum Beispiel bei Wahlen erwartet man, dass die eigene Gruppe auch den eigenen Kandidaten wählt.

Womit ich bei der Bundespräsidentenwahl wäre (und eigentlich zum Vorhergehenden einiges zu sagen hätte – ein ander Mal). Mit großem Interesse habe ich die Wahl verfolgt. Ganz abseits vom Ergebnis ist doch eines sehr beeindruckend. Während SPD und GRÜNE ganz selbstverständlich von CDU und FDP fordern, die Wahl freizugeben, also den Wahlmännern und -frauen zu erlauben, zu wählen, wonach ihnen ist, genauso selbstverständlich gehen sie davon aus, dass ihrer eigenen Leute fest hinter ihrem Kandidaten stehen – Joachim Gauck. Und das ist zumindest etwas schizophren.

Andererseits gibt es große Vorwürfe gegen die Linke, weil sie eine eigene Kandidatin aufgeboten hat. Natürlich ist das strategisch Mist, aber mit Demokratieverständnis hat die Kritik an der LINKEN einfach rein gar nichts zu tun. Aus ihrer Sicht haben sie recht – ich finde jedoch schon, dass man aus strategischen Gründen nach dem ersten Wahlgang Jochimsen hätte zurückziehen MÜSSEN – wenn man tatsächlich einen Politikwechsel in diesem Land möchte.

Womit ich bei einer weiteren Wahrheit wäre. Gemeinsam hält man es auch in Gruppen aus, zu einer Minderheit zu gehören – wenn da noch andere sind. Alleine gegen alle, das ist sehr schwer. Und so kann es manchmal Sinn machen, das eigene, vielleicht sogar richtige Ziel abzuändern in ein Ziel, das noch viel mehr Leute teilen. Das wäre heute Gauck gewesen – auch wenn ich ihn nicht ganz unkritisch sehe. Und so war es am vergangenen Samstag das Spitzenteam der BW-GRÜNEN – wobei sich an meinem richtigen Ziel „Doppelspitze“ nichts geändert hat – aber das richtigere Ziel für diese Wahl war dieser Kompromiss – weil sich am Ende beinahe alle dahinter versammeln können.Gemeinsam, über die Flügelgrenzen hinweg können wir unsere Spitzenteam nach vorne bringen. Symptomatisch für diese Lösung war die gute Zusammenarbeit der beiden Landesvorsitzenden aus beiden Flügeln. Und einem Parteirat, in dem ebenfalls beinahe Parität herrscht. Und der Fähigkeit aller Beteiligten, sich zu bewegen, so schmerzhaft es für jede Seite war. So stelle ich mir Politik vor. Seine Ziele nicht aus den Augen verlieren – aber begreifen, dass man manchmal einen Umweg gehen muss und so vielleicht ein bißchen später ans Ziel kommt. Hauptsache, man kommt an, oder?

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[…] des Nicht-Miteinander-Redens: all das trägt nicht dazu bei, Politik vernünftiger zu machen. Jörg Rupp hat ein bißchen was dazu geschrieben, wie schizophren Politik sein kann, wenn mit festem Blick auf […]

onli

Gauck hätte doch nun wirklich nicht für einen Politikwechsel gestanden. Das war ja nichtmal sein eigenes Ziel. Seine Wahl wäre höchstens ein Mittel gewesen, Rot-Grün eher an die Regierung zu bringen. Aber seit wann ändert das irgendwas zum positiven?

joerg

Mir gehts weniger um den einzelnen Kandidaten.Aber wenn man in eine solche Versammlung geht, dann sollte man doch überlegen, was man dort erreichen kann. Dass die NPD nen eigenen Kanidaten aufstellt, sei’s drum, schlimm genug, dass sie nicht verboten ist und dort überhaupt reinkommt. Aber wenn man die Chance hat, aufzuzeigen, in welchem Zustand diese Regierung ist, die ja für wesentlich schlimmere Zustände im Sozialwesen steht – alle Verschärfungen schon seit dem Vermittlungsausschuss gehen auf das Konto von schwarz-gelb – oder gar im Irak ohne zu zögern mit einmarschiert wäre, wäre sie an der Regierung gewesen – dass man diese Chance ungenutzt lässt, das ist in meinen Augen klares Versagen vor der Verantwortung.

onli

Das kann man so sehen. Bei dem Kandidaten der NPD sind wir sowieso einer Meinung.

Aber bei den schlimmeren Zuständen im Sozialwesen: Klar, das einseitige Sparen bei Mittelschicht und Hartz 4-Beziehern ist eine Frechheit, für die die Regierung die nächste Wahl sowas von verlieren müsste. Andererseits: Wer hat nochmal Hartz 4 überhaupt erst eingeführt …? Es ist ja nun nicht so, das Rot-Grün für ein faires Sozialwesen stehen würde. Dass die Linke von daher wenig Grund sieht, Rot-Grün an die Macht zu heben, finde ich immer noch verständlich, ich sehe die Linke da nicht in der Verantwortung. Vor allem, wenn gleichzeitig Rot-Rot-Grün eine Absage erteilt wird, sogar von Gauck selbst.

joerg

Naja, die Hartz-Gesetze sind jetzt gute 8 Jahre alt oder so. UNd du hast ja recht, einiges wurde falsch gemacht. Aber eben nicht alles und Verschärfungen sind vor allem der Union zuzuschreiben. DAss man am Ende zustimmte – ich hätte es nicht getan. Und es gab ja von Anfang an eine grüne Gegenbewegung zur Agenda 2010. Und zwischenzeitlich eine sehr starke Gruppe, wenn auch noch nicht die Mehrheit, die sich für ein bedingsloses Grundeinkommen einsetzt.
Die Linke sollte begriffen haben, dass sich zumindest die GRÜNEN nicht nur bewegt haben, sondern dass wir uns auch damit auseinandersetzen. Ein ewiges „NEiN“ hilft auch keinem weiter. Wie sähe die Republik heute aus, hätte sich die Linke gestern nicht verweigert. Und man muss ja auch sehen, dass man einen Präsidenten für alle 80 Millionen BürgerInnen wählen soll – nicht nur für sich selbst. Das ist der eklatante Unterschied zwischen Gauck und allen Mitbewerbern.

onli

Keine Sorge, ich will dich nicht in eine Endlosdiskussion darüber verstricken. Aber das ist genau der Punkt: Gauck wäre wohl kaum der so viel geeignetere Präsident für 80 Millionen Bürger gewesen. Die Republik sähe eben noch genau so aus wie sie jetzt aussieht, höchstens mit einer wackeligeren Machtposition der Kanzlerin. Durch welche Überzeugungen, durch welche Unterschiede hätte sich Gauck denn von Wulff so sehr abgehoben? Durch Ablehnung des Neoliberalismus etwa? Wohl kaum.

[…] Nachtrag: Weiter Beiträge zu dem Thema findet ihr bei Till Westermeyer und Jörg Rupp. […]

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Warum Gauck für die Linke unwählbar war…

Nicht nur in Massenmedien, auch in einigen Blogs liest man Vorwürfe gegen die Linke, weil sie Gauck nicht gewählt hat. Damit habe sie sich von ihrer SED-Vergangenheit nicht distanziert, einen Verrat am Politikwechsel begangen und gezeigt, kein Demokrat…