Personenkult statt Inhalte

Einer der wichtigsten Punkte, die mich in den späten 1980ern zu den GRÜNEN gebracht haben, war neben den inhaltlichen – Atomkraft/Frieden – die Begrenzung von Macht für einzelne Personen in ihrer Satzung. Doppelspitzen, Trennung von Amt und Mandat, in der DNA der Partei war ein breites Misstrauen gegen Personenkult vorhanden. Lange Zeit waren Personenplakate – sogenannte Kopfplakate – in den Wahlkämpfen verpönt. Man wollte für Inhalte gewählt werden, nicht wegen Personen. „Inhalte vor Macht“ – war ein hehrer Ansatz. Ich war einer der letzten Bundestagskandidat*innen, der dieses Prinzip dann 2009 aufgegeben hat – allerdings habe ich versucht,wenige Kopfplakate aufhängen zu lassen. Die Grüne Jugend BW hatte mir für diese Haltung ein T-Shirt mit dem Aufdruck „The last Fundi“ versprochen – das leider nie kam.

Die Begrenzung von Macht für Personen wurde dann mit der Lockerung der Trennung von Amt und Mandat im Jahr 2003  teilweise aufgegeben, seitdem dürfen nicht mehr als ein Drittel der Mitglieder des Bundesvorstandes auch Abgeordnete sein. Damit wurde die Rückkehr von Claudia Roth in dieses Amt vorbereitet. In Baden-Württemberg gab es immer wieder Anläufe, die Regelungen zu lockern, die stets am erbitterten Widerstand des linken Flügels und vor allem der Grünen Jugend gescheitert sind. Der letzte Vorstoß ist allerdings einige Jahre her.

Lange her, dass die grüne Partei einen Politikwechsel wollte. Heute wollen sie nur noch mitspielen

Gestern nun hat die Grüne Partei erneut die Satzung für eine Person geändert.  Unter 64.100 Mitgliedern hat diese Partei also nur eine einzige Person, die dieses Amt übernehmen kann und diese Person ist sich so sicher, dass sie so unersetzlich ist, dass sie weiterhin Minister sein möchte – wenn auch „nur“ für eine Übergangszeit von einigen Monaten. Dass diese unersetzliche Person ein Mann ist und keine Frau, ist dabei nur ein Nebenaspekt. Die GRÜNEN von heute – eine Partei wie jede andere. Die mit dieser Entscheidung einen weiteren großen Schritt auf dem Weg gegangen ist, ihre wichtige Rolle im Parteiensystem aufzugeben. Die Rolle der Mahnerin, die Rolle der Partei, die die Dinge anders – nicht genauso wie die Anderen – machen wollte.

Warum ich als längst Ausgetretener dazu noch einmal blogge?

Weil ich wirklich traurig über diese Veränderung bin. Und weil diese Veränderung zeigt, dass mit den GRÜNEN von 2018 ein Politikwechsel in weite Ferne gerückt ist, dass sie für eine andere Art Politik, die auch Machtfragen stellt, nicht mehr als Partner gesehen werden können. Sie sind austauschbar geworden.

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