transparent

Alle wollen mehr Transparenz. In der Politik. Ohne scheinbar wirklich zu wissen, was sie damit anfangen sollen. Oder was das eigentlich ist.

Für mich ist politisch transparent, wenn ich nachvollziehen kann, wie eine politische Entscheidung zustande gekommen ist.  Wer wie warum abgewogen hat. Und sich wie und warum entschieden hat – für das, was er oder sie jetzt vertritt. Wenn er erzählt, mit wem er sich zum Thema getroffen hat, wo sie sich informiert hat. Der Anspruch wäre: liebe Politiker_in, sag das von Dir aus. Und das noch dazu in einer Sprache, die ich auch verstehe. Zeitnah, versteht sich.

Geht das denn? Nein, es geht nicht. Erstens werden Dinge in ihrer Relevanz unterschiedlich betrachtet. Mein eigenes Beispiel zeigt mir hier klare Grenzen auf. Ich diskutiere gerne. Auch und vor allem im Internet. Ich bin ein digitales Kind der AOL-Chats und der Webforen. Kommunikation war schon immer für mich DIE zentrale Anwendung von Webdiensten. Ich war chatsüchtig und kann mich heute noch in Foren oder in Onlinedebatten per Twitter, Facebook oder Mailingliste verlieren.

Meine Anonymität habe ich ungefähr 2001 aufgegeben. Weitgehend. Aus Transparenzgründen. Dort, wo ich debattiert habe, habe ich selten einen Hehl daraus gemacht, dass ich grünes Mitglied bin. In Scheidungs- und Männerrechtsforen durchaus eine Last, weil man einige nicht mehr erreicht. Äußerungen abgestempelt werden.  Aber angesichts meiner Argumentationslinien war das eh meist klar – zumindest, dass ich irgendwie links und ziemlich öko und feministisch bin.

Heute diskutiere ich offen. Ich blogge unter meinem Namen, im Impressum steht meine Adresse (aber nicht meine Telefonnummer), ich bin als Parteiratsmitglied identifizierbar, ich „oute“ mich auch im Twitterprofil. Ich nehme unter meinem richtigen Namen an Diskussionen teil – so z. B. im Nachrichtenforum der ka-news. Ich melde mich dort meist zu politischen Themen zu Wort.  Mal mehr, mal weniger. Da bekommt man schonmal eine Postkarte mit dem Vermerk: Du bist Armleuchter des Jahres. Alles richtig gemacht 🙂

Ich schreibe Leserbriefe. Nie anonym. (und die Tageszeitung meint: zu oft)

Ich versuche, nachvollziehbar zu machen, wie ich zu meinen Entscheidungen komme. Dass ich ein Mensch bin. Soweit normal, wie ein Grüner in dieser Gesellschaft „normal“ sein kann (denn was ist schon normal). Mit Arbeitsplatz, nicht geradem Lebenslauf, Sorgen, Nöten, Glück, Freude, der auch mal Mist baut, sich aber auch nicht unterkriegen lässt und zu seinem Mist steht. Was anderes hilft ja eh (fast) nie. So ist dann hoffentlich auch nachvollziehbar, was die Basis meines Handelns ist. Zumindest denjenigen, die im Grunde wohlwollend sind. Bzw. nicht bösartig. Die haben eh kein Interesse daran. Und dementsprechend muss man das dann auch nicht immer kommentieren.

Politische Entscheidungen werden auch aufgrund persönlicher Erfahrungen getroffen. Und so kann helfen, diese persönlichen Erfahrungen transparent zu machen – wenn sie ursächlich oder mitentscheidend für die Entscheidung sind. Manchmal kann man das nicht. Ich hab so manchen Artikel wieder gelöscht, halb oder ganz fertig. Weil ich gemerkt habe, dass ich zuviel erzählt habe. Es gibt Dinge, die wären zwar wichtig – aber die sind dann auch oft sehr persönlich. Und werden nicht von jedem so ausgelegt, wie man fairerweise erwarten kann. Ich kann auch nur sehr weitläufig und mit größerem Abstand aus meinem Arbeitsleben berichten – obwohl ich dort viel erfahre, was mein Gesellschaftsbild prägt. Gerade in Hinblick auf Integration, auf Gerechtigkeit, auf Teilhabe, Diskriminierung, Mobbing.

Ich versuche hier einen Mittelweg zu finden, ebenso auf Twitter und Facebook. Den Transfer in konkretes politisches Handeln versuche ich dann herzustellen. So habe ich kürzlich einen Antrag gestellt, dass der Landesvorstand zumindest ein Kurzprotokoll und die Tagesordnung veröffentlicht, sodass man nachvollziehen kann, über was gesprochen wurde und was beschlossen wurde. Wortprotokolle und LiveStreams aus jeder Vorstandssitzung kann ich mir dabei nicht vorstellen – allerdings zu bestimmten Themen wäre ein Stream mal einen Versuch wert. Aber das ist der nächste Schritt.

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