Du betrachtest gerade und noch ein Jahr vorbei – Jahresrückblick ’23

und noch ein Jahr vorbei – Jahresrückblick ’23

Ich schreib hier nur noch selten – was auch ein Ausdruck meines Blicks auf Politik ist. Ich glaube, rückblickend, gerade auf dieses Jahr, zeigt sich für mich, dass ich aktive Beiträge zur Politik weitgehend zurückfahren sollte. Ich habe mich bereit erklärt, als Mitglied der LINKEN für den Kreistag zu kandidieren, aber ich glaube kaum, dass das zu einem Mandat führen wird. Allerdings braucht es eine linke Alternative in den Räten. Für den Gemeinderat werden wir wohl keine Liste aufstellen – ich bin hier relativ alleine. „Der Revoluzzer von Malsch“ – wie mich eine Frau, die mich bislang nur vom Hörensagen kannte, bezeichnet hat. Ich werde natürlich weiterhin Beiträge schreiben, hier wird auch ab und an etwas landen, aber es drängt mich derzeit kaum. Und das war immer mein größter Antrieb – ein innerer Druck, um das, was in mir brodelte, zu „Papier“ zu bringen.

Ab und an hab ich hier Jahresrückblicke geschrieben. Und so ein bisschen drückt mich das Jahr 2023.

Nichtsdestotrotz will ich mit Politik beginnen.

Die Ampel tut, was die Ampel tut. Wie schon in den Jahren 1998 bis 2005 tun SPD und Grüne das, was sie als Oppositionspolitik gegeißelt hätten und was eine CDU mit der FDP nie hätte durchsetzen können. Sie rasieren den Sozialstaat, der Klimaschutz kommt kaum voran, bedingt durch kurzsichtige schnelle Entscheidungen liegt ein Schwerpunkt auf LNG-Gas, wohingegen das Energiesparen, das 2022 weitgehend gut funktioniert hat, gar keine Erwähnung mehr findet. Die Flüchtlingspolitik ist auf AfD-Niveau angekommen und die Grünen sind da vor allem diejenigen, an deren Wandlung man verzweifeln könnte – hätte man es nicht vorausgesehen. Meine Gründe für den Rücktritt aus dem Parteirat 2015 und die Austrittsgründe aus 2016 haben sich bewahrheitet, es ist heute schlimmer, als ich es mir vorstellen konnte damals. Weil es von der Basis keinen nennenswerten Widerstand gegen den Kurs gibt. Und ja, auch als Linker und lange Ausgetretener hatte ich die Hoffnung auf ein wenig Korrektur, auf ein wenig Humanität, ein wenig Wandel. Ein bisschen hatte ich immer noch auf die Grünen gesetzt. Das ist mehr als enttäuscht worden und meine damalige Analyse der Funktionärspartei, der es am Ende nur um Posten geht, ist leider wahrer, als ich es selbst noch nach der Bundestagswahl wahrhaben wollte. Die Änderungen im Recht auf Asyl, die von ihnen mitgetragen werden, sind pure AfD-Politik. Da das Recht auf Asyl und ein rechtsstaatliches Verfahren nun mithilfe der Grünen beerdigt wurde und man auch bereit ist, kleine Kinder in den Abschiebeknast zu stecken und dem allem eine BDK zustimmt – unfassbar. Dass Nancy Faeser, als Bollwerk gegen rechts angekündigt, als SPD-Innenministerin auf den Spuren Seehofers wandelt, kommt erschwerend hinzu und bei Kanzler Scholz hat man den Eindruck, dass er unter dem Eindruck der Berichterstattungen zu Cum-Ex und so weiter lieber so wenig wie möglich öffentlich auffallen möchte. Was auch immer in den Kabinettssitzungen geschieht – Scholz ist der schwächste Kanzler, den ich erleben musste. Selbst Kohl unter Bimbes-Beschuss agierte souveräner und inhaltlich klarer.

Dass die CDU ohne Merkel nach rechts rutscht, war zu erwarten. Ich habe immer gesagt, dass Merkel diese rechtspopulistische Seite der CDU lediglich zudeckt, habe als Grüner noch immer Koalitionen mit der CDU abgelehnt. Meine Erfahrungen mit der CDU als Gemeinderat haben mich rundum bestätigt in meiner Ablehnung. Ja, es gibt sie noch, die guten CDUler, die Wertkonservativen, die ein ein wenig altertümliches Bild der Gesellschaft haben – aber immerhin das humane Weltbild, das sich auch im „C“ der DU versteckt, in sich haben. Sie haben aber so wenig in der CDU zu sagen wie die gesellschaftliche Linke bei den Grünen oder der SPD.

Dass am Ende des Jahres von zwei relevanten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – nämlich die zur Pflicht zum Klimaschutz und die zur Schuldenbremse – sich diametral gegenüber stehen – liegt an der Ampel und denen, die darin agieren. Denn in der Politik gilt das selbst wie in Unternehmen. Es agieren nicht „Die Grünen“ oder die SPD, die FDP oder wer auch immer, es ist nicht „dm“, BASF oder Tönnies – es agieren Menschen, die sich bzw. ihren Kurs durchsetzen. Sollte man sich immer vor Augen halten.

Ich sehe derzeit kein Licht am politischen Horizont. Bis sich die LINKE gefangen hat, wird es wohl noch etwas dauern – das Tal ist noch nicht durchschritten.

Politisch positiv ist und bleibt: für meine Leserbriefe an BNN und den Gemeindeanzeiger bekomme ich viel positive Rückmeldungen. Und in diesem Jahr sogar ein Glas Honig.

Persönlich war es ein Jahr mit guten und nicht ganz so guten Zeiten. Beruflich hat sich nichts verändert, ich bin jetzt 6 Jahre im Unternehmen und bin zufrieden. Die Arbeit macht Spaß, ich bin für 50 Menschen und ne Menge Obstkörbe in der Woche verantwortlich, hinzu kommen 14 Fahrzeuge. Auch in diesem Jahr konnte ich mich weiter entwickeln, konnte im einen oder anderen Personalfall etwas Gutes tun, Chancen geben, Geduld beweisen, mich großzügig zeigen – aber es gab auch Fälle, in denen es nicht so gut lief. Manches erledigte sich von alleine – aber es gab auch harte Entscheidungen zu treffen und aus Enttäuschungen zu lernen. Das fällt mir nicht immer leicht – aber ich habe einen Vorgesetzten, mit dem ich die Fälle durchsprechen kann, der meine Bedenken versteht und manche Entscheidung, die von weiter oben kam, konnte ich auch abmildern.  Als Vermittler und Bewerbungstrainer beim Bildungsträger hatte ich mir vorgestellt, wie man als Chef sein muss, um Leute, die ich betreute, einzustellen. Ich komme meiner damaligen Idealvorstellung nahe – allerdings ist doch manches abgeschliffen in der Zeit als Folge von Reaktionen und Verhalten der Mitarbeitenden. Das größe Lob war dann diese Woche, als ein Mitarbeiter zu einem neuen Kollegen (Flüchtling aus Syrien) sagte: wir haben echt einen sozialen Chef.

Wir hatten Klassentreffen zum 40. Jahrestag des Abschlusses der Realschule. Irgendwie bin ich in die Rolle des Organisators gerutscht. Im Juli sagte ich noch zu meiner Frau, dass es komisch sei, dass noch nichts passiert sei. Ich war so verunsichert, dass ich in meinem Zeugnis nachgelesen hatte, in welchem Jahr der Abschluss war. Naja, mir war klar, dass ich einen bestimmten Klassenkameraden auf dem Straßenfest in Ettlingen treffen würde und schon war ich in der WhatsApp-Gruppe, die es seit dem letzten Treffen von vor 5 Jahren gab (wo ich aus zeitlichen Gründen nicht war) und wir trafen uns Ende November in Ettlingen im Keglerheim. Es war ein schöner und interessanter Abend. Im Rahmen dessen bekam ich wieder Kontakt zu meinem damals besten Freund, der auch Trauzeuge meiner ersten Ehe und Pate des ersten Sohnes war. Seit 28 Jahren hatten wir nicht miteinander gesprochen – weil ich mich von meiner damaligen Frau getrennt hatte – und nun kommunizieren wir wieder. Ich weiß noch nicht, wo das hinführt – aber es bleibt ein Stachel. Es wird nie wieder so werden, wie es mal war.

Im September war ein geschäftliches Meeting in Glashütten im Taunus. Als ich die Route dorthin checkte – ich überlegte, einen Teil der Strecke mit dem Fahrrad zu fahren – stellte ich fest, dass ich an Kronberg im Taunus vorbei kommen würde. (das mit dem Fahrrad erledigte sich leider wegen eines Bänderabrisses). Ich wusste, dort wohnte eine alte Schulfreundin aus dem Gymnsaium von mir, mit der ich bis 1986 oder so Briefkontakt hatte, nachdem sie mit ihren Eltern dorthin ziehen musste. Irgendwann ist die Brieffreundschaft eingeschlafen – dann hatten wir nochmal telefoniert, irgendwann nach meiner Trennung von meiner ersten Frau und seitdem nichts mehr gehört. Ich wollte zuerst mit ihr einen Kaffee trinken – aber nachdem ich mir nicht sicher war, wie der zeitliche Ablauf bei der Abreise sein würde, nahm ich davon Abstand. Aber es ließ mir keine Ruhe. In den letzten Jahren hatte ich einige alte Bekannte verloren, die verstorben waren. Oft genug hätte ich gerne öfter Kontakt gehabt. Verpasste Chancen, wie bei so vielem im Leben. Ich schrieb einen Brief an die Adresse, die ich noch hatte. Und siehe da – sie war zwar umgezogen, aber der Brief kam dann doch bei ihr an. Sie schrieb zurück und nun – schreiben wir uns wieder. Auch da weiß ich nicht, wo es hinführt. Es ist sehr spannend und doch recht intensiv. Wir schreiben, per Hand. Es gibt keinen elektronischen Austausch. Die Langsamkeit, die Entschleunigung macht es intensiver und manchmal schaue ich in den Briefkasten und warte auf einen Brief. Fast wie früher. Es ist ein großes Geschenk für mich.

Da hier doch immer wieder Leute lesen, die mir nicht wohlgesonnen sind, schreibe ich nichts über die Familie. Wir leben alle, wir leben zusammen und im Großen und Ganzen geht es uns gut. Vielleicht soviel: meine Frau möchte schon immer Segeln gehen. Sie hat zwischenzeitlich den Bootsführerschein – und da es sich im Urlaub meist nur schlecht realisieren ließ in den letzten beiden Jahren, sind wir zusammen alleine an den Ammersee gefahren – ihren Lieblingssee – haben ein halbtägiges Segelseminar gemacht, am nächsten Tag selbst mit einer Jolle gesegelt und hatten ein wunderschönes Wochenende zusammen.  Mit Flohmarkt am Ende – auch etwas, das meine Frau mehr liebt als ich – bei dem wir viel Spaß hatten und unsere unterschiedlichen Tempi beim Gang über den Markt in Einklang bringen konnten.

Wie weiter oben angemerkt –  sind Menschen gestorben, die mir etwas bedeutet haben. Herausgreifen möchte ich Didi Bader, die mich in so vielen grünen Jahren im Kreisvorstand, in der LAG Ökologie, als Kollegin zuerst beim AAW, später denn bei initial begleitet hat. Ich wollte sie noch besuchen, hatte dann eine Coronainfektion und dann war es vorbei. Sie fehlt mir – wenn ich jetzt nach Karlsbad zum Wein kaufen fahre, kann ich gar nicht mehr bei ihr hineinschneien und einen Tee oder Kaffee trinken – oder auch mal ein Glas Wein und diskutieren oder sich einfach nur dran freuen, dass wir uns sehen. Das Leben ist zu kurz, um Menschen nicht zu sehen, die man mag.

Ja, und zum Abschluss: Seit Februar mache ich wieder Sport, neben dem Radfahren. ich habe bemerkt, dass das Rad nicht reicht. Dreimal die Woche gehe ich wieder ins Karate, bei meinem alten Trainer, bei dem ich damals angefangen habe. Mein Bänderriss im August hat mich zwar etwas gebremst – aber ich spüre, wie gut es mir tut. Ich bin wieder fitter, kann mich besser bewegen. Die Anstrengung fordert mich und der Trainer ist ehrgeiziger mit mir als ich. Und es gibt durchaus auch etwas zu tun, darüber hinaus. Die Sportförderung im Land und Stadt Karlsruhe – das Trainng ist in Karlsruhe – ist stark von der Mitgliedschaft in einem Verein und dem Badischen Sportbund abhängig. Hier kann ich mich auch gesellschaftlich einbringen und den Jugendlichen, die mit großem Erfolg trainieren und an Meisterschaften teilnehmen, vielleicht etwas bieten, was ohne mich nicht passieren würde. Mal sehen, wie dieser Weg wird.

So, das war der unvollständige Rückblick. Ich bin gespannt, auf das Neue Jahr, von dem ich politisch nicht viel erwarte, aber persönlich schon. Das Leben heißt: verwandle dich. Ich bin dabei, mich wieder ein bisschen zu verwandeln. Und das – das ist wirklich gut.

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Katharina Partosch

Lieber Struppi, liebe Grüße aus Griechenland!
Ich find das super, dass du wieder Karate machst.
Grüß M. von mir und lass uns mal WhatsAppen!
Nina