In aller Munde sind beim Verbraucherschutz im Internet unter anderem die sogenannten Abzocker – Internetportale, die im Kleingedruckten Kosten verstecken, die man nicht ahnen kann – mit gesundem Menschenverstand aber schon ahnen könnte – und damit Abos verkaufen. Meist machen sie sich bemerkt, wenn sie anfangen abzubuchen – sofern man seine Kontonummer angegeben hat oder man Rechnungen erhält, die man zunächst nicht zuordnen kann. Nicht immer ist es ein Klingelton, den der pubertierende Sohn oder das neues Lied, das die Tochter heruntergeladen hat. Manchmal gerät man an so einen Anbieter, ohne das man weiß, wie das gekommen ist. Das ist mir passiert – und meine Erfahrungen sind dann doch ein kleines bißchen erstaunlich – oder auch nicht, wenn man nichts anderes erwartet hat.
Im Oktober vergangenen Jahres erhielt ich eine Rechnung von melango.de (hier ist absichtlich kein Link), einem Internetportal, das angeblich als B2B-Marktplatz fungiert. Man stellte mir eine einmalige Aufnahmegebühr von 99 € in Rechnung – zzgl. MWSt. insgesamt 117,81 €. Ich wusste, dass ich mich dort NICHT angemeldet hatte, überprüfte meinen Browser-Cache und verhielt mich ruhig. Am nächsten Tag erreichte mich die nächste Rechnung. Nun wollte man außerdem 240 € Grundgebühr (285,60 € brutto) für 24 Monate von mir. Ich äußerte mich weiterhin nicht – stellte aber am selben Tag noch Strafanzeige wegen des versuchten Betrugs. Und gab den Name des Portals in eine Suchmaschine ein. Und die Ergebnisse waren erstaunlich.
Melango war öfter schon Thema bei Akte – der „Investigativsendung“ von Sat1 – mit diesem Meyer, der früher den heißen Stuhl gemacht hat. Mehr geht wohl nicht. Naja, anderes Thema.
Akte hat zum ersten Mal wohl Anfang 2009(!) unter dem Titel
Bestellt, bezahlt und nicht geliefert! Wer Sie mit Mogel-Schnäppchen abkassiert
über melango berichtet. Bezahlte Waren wurden nicht geliefert, dafür gab es Rechnungen über eine kostenpflichtige Mitgliedschaft. Es gibt einen Forumsbereich dafür, wo man sich rege austauscht und andauernd neue Geschädigte reinschreiben, es Verhaltenstipps gibt. Was man so erwarten würde. Aber das man schon über 2 Jahre darüber Bescheid weiß – das wollte mir nicht so recht in den Kopf.
Zwischenzeitlich hörte ich nichts von melango – außer den Hinweis auf die letzte, außergerichtliche Mahnung Anfang November. Aber von der Staatsanwaltschaft. Sie teilte mir mit, dass meine Strafanzeige unter der Vorgangsnummer 366/10/0368423 bearbeitet würde – in Chemnitz, wo auch der Firmensitz ist. Schon am 09.12.2010 teilte mir der Herr Staatsanwalt Kegler mit, dass in dem Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO abgesehen wird, da
Das Aktenzeichen lässt darauf schließen, das schon seit 2008 ermittelt wird. Seit 2008 meldet diese Firma also ruhig, während „Sachverständige“ die Akten auswerten, in aller Ruhe Menschen an, verschickt Rechnungen und bekommt im einen oder anderen Fall natürlich Geld. Viele Menschen bezahlen – spätestens bei der Androhung der gerichtlichen Mahnung, aus Angst um ihre Kreditwürdigkeit oder weil sie sich nicht sicher sind, ob sie nicht doch was abgeschlossen haben oder weil sie das Kleingedruckte nicht richtig gelesen haben oder weil sie eingeschüchtert sind. Das SAT1-Forum spricht Bände. Oder melango lässt anmelden ohne die Echtheit der Anmeldung zu prüfen. Keine Verifizierung. Logisch. Seit nunmehr fast drei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ohne Konten einzufrieren, den Geschäftsbetrieb einzuschränken oder zu kontrollieren lässt man weiterhin gutgläubige und ahnungslose Menschen in die Falle tappen. Ich habe der Einstellung der Ermittlung erstmal widersprochen.
Zu meiner Überraschung meldete sich dann Ende Dezember die acoreus Inkasso bei mir – um den Betrag, der zwischenzeitlich auf 481,73 € angewachsen ist, einzufordern. Man bekommt sogar einen Internetzugang zu seinem „Konto“ bei der Inkasso und damit auch den einzigen Weg, mit den Menschen dort Kontakt aufzunehmen. Auch gegen diese Firma habe ich Strafanzeige gestellt. Wegen Beihilfe zum Betrug. Auch diese Firma ist polizeibekannt. Niemand tut etwas dagegen. Außer Akten zu prüfen.
Das ist der Verbraucherschutz, den wir nicht brauchen. Langsam. Untätig. Wirtschaftsfreundlich. Mit den Erkenntnissen, die man spätestens Anfang 2009, also vor 2 Jahren hatte, hätte man jeglichen Geschäftsbetrieb unterbinden können und müssen. Statt dessen stellt man sogar Verfahren ein, weil
die Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fiele.
Wenn nur ein Mensch am Tag bezahlt hat – es ist anzunehmen, das falsche Anmeldungen in großer Zahl das Haus verlassen – dann haben sie in 2 Jahren knapp 300.000 € eingenommen. Für nichts. Das Geld wird weg sein, bis die Staatsanwaltschaft Chemnitz die Akten fertig geprüft hat. Und die Geschädigten werden in die Röhre schauen.
Für diese Problematiken,die in dieser und ähnlicher Art immer wieder passieren, erleben wir seit Jahren vollmundige Ankündigungen. Aber keine Verbesserungen im Verbraucherschutz. Statt Kontensperre oder zumindest vor Ort Überprüfung – was wäre einfacher, als stichprobenartig die Kundenkartei zu verifizieren und so die Rechtmäßigkeit der Rechnungen zu überrüfen? Das mache ich innerhalb einer Woche. Ein Skandal – und ein Versagen der Verbraucherschutzbehörde und der Justiz. Der Blick über den Tellerrand würde da wohl weiterhelfen.
Achso: Akte 2011 hab ich irgendwann mal deshalb angeschrieben („Wir kämpfen für Sie“). Reaktion: Null.
so ist es leider.. und die firmen mehren sich..
provea, mobilix etc. -ebenfalls im netz als abzocker bekannt- die verbraucherzentrale konnte mir nicht helfen – deren rat: sendungen von denen in den müll zu entsorgen.
derweil werden akten geprüft…
ja, wenn man in der Lage ist, das überhaupt zu hinterfragen. In Deutschland gibt es keine Behörde, die die Einhaltung der Bestimmungen des UWG überwacht, und die etwa das Recht hätte, Sanktionen zu verhängen. Schlimm.