ist dieses Mal nicht nach der BDK. Wir schreiben an unserem Bundestagsprogramm und Programmparteitage sind schon immer etwas besonderes gewesen.

Ich schätze, dass wir deutlich über 2000 Änderungsanträge haben werden zu einem Programmentwurf, der schon in der ersten Version deutliche Schwächen hatte. Die Zeit formulierte das so:
Wollen die Grünen ihre Wähler mürbe kuscheln?
Der Text ist böse und das ist er mit Recht. Ich habe selbst 10 Änderungsanträge eingebracht und mit der BAG Medien an 25 weiteren mitgearbeitet und schätzungsweise 25 weitere unterzeichnet. Selbst die Reaktionen auf den unveröffentlichten Programmentwurf haben nicht viel geändert. Obwohl man doch dieses Mal „alles“ richtig machen wollte:
Alle Gliederungen waren angeschrieben worden, ihre ihnen drei wichtigsten Themen anzugeben. Wir haben im Landesvorstand Baden-Württemberg da relativ spät darauf reagiert. Denn irgendwie war letzten Sommer das Bundestagswahlprogramm noch nicht richtig präsent. Der unveröffentlichte Programmentwurf, der natürlich bei der Presse landete, läutete aber den Endspurt ein. Und als ich den querlas – im Ehrenamt oft nicht anders möglich – wurde mir schon etwas anders.
Nicht nur unbestimmt. Die deutliche Botschaft: wir wollen regieren und deshalb tun wir niemandem weh. Um regieren zu können, brauchen wir die Zustimmung beider Flügel und eine hohe Geschlossenheit.
Das Problem: auch innerparteilich strittige Themen wurden kaum benannt. Und strittige Thesen, auch aus Beschlüssen, nicht eingepflegt.
Besonders deutlich wird es an einem Punkt: Im Wahlprogrammentwurf findet sich auf Seite 5 des Energieteils der denkwürdige Satz:
Bis zum beschlossenen Atomausstieg müssen die noch verbleibenden Atomkraftwerke so sicher wie nur irgend möglich sein, bei schweren Sicherheitsbedenken müssen AKWs bereits früher vomNetz genommen und so der Atomausstieg beschleunigt werden.
Man muss sich erinnern: auf der Sonder-BDK in Berlin am 25. Juni 2011 zum Atomausstieg steht schon auf der Internetseite dazu:
[…] alles daran zu setzen, das letzte Atomkraftwerk deutlich vor 2022 abzuschalten
Im Beschluss wird das noch deutlicher formuliert:
„Wir wissen: Der Atomausstieg ist bis 2017 seriös umsetzbar. Wir machen daher die Bundestagswahl 2013 zu einer Abstimmung über eine beschleunigte Energiewende. Im Falle einer GRÜNEN Regierungsbeteiligung werden wir die Rahmenbedingungen so ändern, dass das letzte AKW noch deutlich vor 2022 abgeschaltet wird.“
Dieser Satz findet sich nicht im Programm wieder. Und doch war er ein Friedensangebot an diejenigen in der Partei, die knapp verloren hatten, als wir um diesen Ausstieg gerungen hatten. Dass er nicht im Programmentwurf auftauchte, zeigt klar die Richtung an.
Der Entwurf ist in seiner Visionslosigkeit kaum zu überbieten. Er steht im Zeichen der Haushaltvorbehalte. Keine Visionen, die Geld kosten, alles muss durchgerechnet sein. Wir beugen uns der Schuldenbremse – obwohl wir doch sehen, was diese Politik, die Politik der Angela Merkel, anrichtet. Wir sehen, was in Baden-Württemberg passiert: diejenigen, die jahrelang das Geld mit beiden Händen für oft genug Klientelpolitik ausgegeben haben, für das die Zinsen ein wesentlicher Faktor im Haushalt sind, schreiben uns, die wir für eine Veränderung gewählt worden sind, vor, das wir bitte einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen haben. Ein Treppenwitz.
Daraus resuliteren ein Flut von Änderungsanträgen. Denn keine klare Botschaft bedeutet letztendlich auch: jedeR sieht seine Chance gekommen. Es finden sich im Arbeitsmarktpolitik Anträge, die Zeitarbeit einschränken wollen bis hin zu Anträgen, die das bisherige System weitgehend erhalten wollen – weil die Agenda 2010 doch Arbeitsplätze geschaffen hat.
Im Vorfeld wurde versäumt, klare Positionen zu besetzen. Wir sind die besseren Haushälter. Das ist die Botschaft. Von der „Alternative-Die GRÜNEN“ ist wenig geblieben. Dazu gehören auch Husarenstücke wie die Einreichung eines Antrages zur Unterschrift 2 Stunden vor Ende der Annahme von Änderungseinträgen, in denen kurz mal ein europäischer gesetzliche Vorgabe behauptet wird, die nicht stimmt. Damit soll kurz der Breitbandausbau im zweistelligen MBit-Bereich als Universaldienst gecancelt werden. Die Behauptung, es gäbe dazu eine Vorgabe, das belege eine Studie, ist aber nicht haltbar. Denn in dieser Studie steht:
Die Vorschläge des COCOM und der Kommission binden den deutschen Gesetzgeber dabei nicht. Wenn sich der Bundestag für eine 80 Prozent-Mehrheit entscheidet, läge die zulässige Übertragungsgeschwindigkeit derzeit zwischen 3 und 5 Mbps. Diese Eingrenzung würde aber auch im Falle der Substituierbarkeit nicht in den Regionen gelten, in denen LTE nicht ausgebaut wird. Dort können im Einklang mit der UDRL 2009 zurzeit Bandbreiten bis zu 6 Mbps festgelegt werden. Grundsätzlich ist es auch möglich, in Deutschland einen Breitband-Universaldienst mit Übertragungsraten festzuschreiben, die noch über diese Grenzen hinausgehen.
Die Antragstellerin sagt dabei selbst: sie wurde gebeten, diesen Antrag zu stellen.
Zwei Beispiele,wie sie für jedes Themengebiet zu finden sind. Das Ergebnis: eine Antragskommision,die über 2000 Anträge zu bearbeiten haben wird. Ein zweitägiges Antragsteller_inenntreffen vor der BDK. 3 Tage viel Arbeit, ich glaube, das wird ganz schön spät werden, am Freitag und Samstag Abend. Der Führung fehlt der Mut, sich deutlicher abzugrenzen vom politischen Gegner. Hätte man klarer Stellung bezogen und sich stärker an den letzten Beschlüssen orientiert, wäre das so nicht gekommen. Das Problem: das Programm ist am Ende die Basis für mögliche Koalitionsverhandlungen. Ich befürchte, dass viele doch schon wieder die Schere im Kopf haben. Die Schere vermeintlich notwendiger politischer Seriosität. Was auch immer das sein mag für einen GRÜNEN. Und ich vermute, dass der Drang, zu regieren, zu gestalten, stärker ist als der Wunsch, eine klare Linie inhaltlich zu halten. Der Programmentwurf ist der Versuch, anzudocken – und doch, entgegen allen Verlautbarungen – auch offen für andere Bündnisse zu bleiben. Seht her, im Notfall können wir es auch mit Euch machen. Ich hoffe auf gute Beratungen und ein deutlicher formuliertes Wahlprogramm – und eine Führung, die nicht gewünschte Ergebnisse schon vorher herausposaunt wie aktuell Katrin Göring-Eckart mit der Eindampfung der 450-€-Jobs auf 100 €: steht nur im Entwurf. Beschlossen ist noch nichts.
Ich habe heute großes Vertrauen in meine Partei und werde die BDK im Livestream verfolgen, wenn es nicht gerade was im Garten zu tun gibt. Ein Wechsel zu mehr Gerechtigkeit ist greifbar nahe im Herbst!!
Es ist nicht so, dass ich kein Vertrauen hätte, aber ich muss ja schon wahrnehmen, ws da geschrieben steht. Das große Problem wird das Verfahre sein, weil die Möglichkeit besteht, dass so Aussagen wie zum Universaldienst im Programm laneen, ohne dass es jemand merkt.
Ich möchte mich mit Rücksicht auf erwartete Nettikette und dieses Thema hier nicht wiederholen, es gilt, was bereits gesagt wurde, und das in genau dieser Form, weil die Auswirkungen eben leider in solchen Meinungsäußerungen das alles bezeugen und gewillte aber aufmerksame Interessierte vor den Kopf klatschen, ja: klatschen.
Ist nun deutlich, warum da jemand „stänkert“ mit dem Jörg?
Es ist doch erst einmal vorbei, mit dem Mandat, wozu Aufstände dieser („) Art
Man kann auch fröhlich so weitermachen, als ob man Mandatsträger sei …
verstehe die analyse nicht:
oben kritik: das programm tun niemand weh
unten beschwerde: das programm tut so weh, weil man sich auf die schuldenbremse eingelassen hat und deshalb auf die visionäre lyrik verzichtet.
ja was denn nun?
Der Programmentwurf tut niemandem weh. Der Programmentwurf ist aber die Basis dessen, was wir beschließen. Am Ende kommt dann ein Programm zustande. Natürlich ist es toll, 2600 Änderungsanträge zu haben – zeugt es doch von einer sehr aktiven Parei. Andererseits sind es (nicht nur) die Stellen, die ich herausgegriffen habe, die zeigen, dass auf der bisherigen Beschlusslage aufbauend keine Änderungsaänträge nötig gewesen wären. Darüber hinaus fehlt mir tatsächlich eine Vision. Aber vllt. kommt die ja am Parteitag.