Ich weiß nicht, ob es noch wirklich Sinn macht, zu meiner alten Partei, den Grünen, irgendwas zu schreiben. Einerseits. Andererseits ist mir die Offensichtlichkeit, in der ausgerechnet bei ihnen, die 3,5 Jahre lang n der Ampel nahezu jeder Zumutung zugestimmt haben, die FDP und SPD für sie vorgesehen hatten, weggeschaut wird, mehr und mehr unerklärlich.
Aber vielleicht muss man ja gar nicht mehr nur über die GRÜNEN reden, sondern über alle, die jetzt einen Kompromiss ausgehandelt haben, der seinesgleichen sucht. Knapp 1 Billion € an „Sondervermögen“. Also letztendlich sich Eine Billion Mal selbst in die Tasche lügen. „Sondervermögen“ sind Schulden und es wäre doch sehr viel einfacher, wenn man dazu den Haushalt bemühen würde. Und die zu beschließenden Projekte demokratisch miteinander auszuhandeln.
Diesen Weg will man nicht gehen. Die Büchse der Pandora wurde mit dem Sondervermögen für die Unterstützung der Ukraine geöffnet – also durch die Ampel – und zwar nur, weil man nicht in der Lage war, die Schuldenbremse, diese unselige Erfindung von Steinbrück, Schäuble, Merkel, vehement verteidigt von nahezu allen Parteien, Kretschmann ist da vornedran mit zu nennen. Eine Schuldenbremse, die über Jahre hinweg Investitionen in diesem Land verhindert hat, weil irgendeiner dachte, das könne man dieses Unding der Bevölkerung in einer Analogie zur „Schwäbischen Hausfrau“ nahebringen, die nie mehr Geld ausgibt (aus dem Haushaltsgeld, dass ihr von ihrem Mann zur Verfügung gestellt wurde) als sie bekommt. Als würde nicht auch die Schwäbische Hausfrau zusammen mit ihrem Mann einen Kredit aufnehmen, wenn sie nen neuen Benz kauft oder ein Haus zu bauen wünscht – also Investitionen tätigt, die das normale Budget sprengen.
Also, nachdem man jahrelang der Göttin „Schuldenbremse“ gehuldigt hat und Friedrich Merz im Wahlkampf nicht müde wurde, zu behaupten, man könne alles aus dem Haushalt heraus finanzieren, wenn man nur ganz genau hinschaue und nix Unnötiges mache – erledigte sich diese Urban Legend der Konservativen sehr schnell nach der Wahl und Friedrich Merz hat beschlossen, dass es jetzt dann doch neue Schulden bräuchte, hat sich mit der SPD zusammen gesetzt, der auch nix heilig ist und zwei Pakete beschlossen. Einmal Sondervermögen Verteidigung, also Aufrüstung, um der Gefahr eines entschlossenen Vladimir Putin zu begegnen, der womöglich Europa und NATO-Gebiet doch angreift, nachdem man sich auf die USA nicht mehr verlassen kann. Okay, da kann ich mit leben – finde aber nach wie vor, dass man sich der Beschaffung generell annehmen müsste – denn die ist ja bei der Bundeswehr schon seit Jahren einfach – auf gut Deutsch – beschissen und Geld versickert in den unmöglichsten Kanälen oder es wird Zeugs gekauft – immer natürlich zu Millionenbeträgen – die dann hinterher keiner mehr brauchen kann.
Einerseits wurden Reformschritte unternommen, die sich auch in der Beschaffungspraxis niedergeschlagen haben, andererseits bestehen grundlegende Probleme durch „Sekundärinteressen“ fort − die Privilegierung deutscher Rüstungshersteller:innen, politisch motivierte Gemeinschaftsvorhaben mit anderen Staaten und die lokalen Interessen einzelner Politiker:innen. Dadurch wächst die Gefahr des Rückfalls in die
alten Muster vieler Beschaffungsvorhaben aus der Zeit vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Die Zeichen mehren sich, dass das Ziel der optimalen, kosteneffizienten Ausrüstung der Bundeswehr von wirtschaftlichen und politischen Sekundärinteressen überlagert wird. Damit würde ein Teil des „Sondervermögen Bundeswehr“ sachfremd vergeudet werden.
kann man in der für Greenpeace erstellten Studie „Arsenale, Aufträge, Amigos„
(K)eine Wende in der Rüstungsbeschaffung der Bundeswehr?
von Prof. Dr. Michael Brzoska nachlesen. An „sachfremder Vergeudung“ ändert sich wohl wenig. Denn es gibt ja Politiker*innen, die ein Rüstungsunternehmen in ihrem Wahlkreis haben, die dann dafür sorgen wollen, dass diese Rüstungsunternehmen was vom Kuchen abgekommen. Kosten: egal.

Diese Missstände sind seit Jahren bekannt, und es ändert sich insgesamt wenig. Zu erwarten, dass sich daran etwas ändern, nachdem jetzt 500 Milliarden € in die Kasse gespült worden sind, kann man nur mit einem mitleidigen Lächeln beantworten. Nein, davon ist nicht auszugehen.
Aber, die Gefahr durch Russland ist real und insofern hoffen wir jetzt mal, dass zumindest ein Großteil davon sinnvoll ausgegeben werden wird.
Die Grünen hätten darauf beharren müssen, diesem Paket zustimmen zu dürfen und dem zweiten Paket, das für „Infrastruktur“ – das hätte in den neuen Bundestag gehört. Kein Mensch hätte ihnen einen Vorwurf machen können. Es hätte gereicht, immer wieder zu wiederholen: dem Sondervermögen Verteidigung stimmen wir zu, dem Sonderpaket Infrastruktur nicht – aus den genannten Gründen (also, keine Umwegfinanzierung für Wahlgeschenke des Herrn Merz wie Mütterrente etc. pp) und weil uns hier etwas Wesentliches fehlt: Geld für Schutzsuchende, für menschenwürdige Unterbringung, für Sprachkurse für alle, für Geld für die Kommunen, die diese Aufgaben für den Bund in die Praxis umsetzen. Dass die Zurückweisungen an der Grenze aus dem Koalitionsvertrag verschwinden und Deutschland wieder zu einem sozialen Staat wird. Und für ein Bürger*innengeld, dass den Namen verdient – oder halt eine Grundsicherung, die dem Artikel 1 gerecht wird und für eine soziokulturelle Teilhabe der Bezieher*innen sorgt – also, dass man auch in Konzerte, Theater, Kino, Museen, Ausstellungen und so weiter gehen kann, ohne dass man in Schwierigkeiten kommt, der Schulausflug kein Problem wird und durch Fördervereine bezuschusst werden muss, Kleidung einigermaßen Up-to-Date ist und das Smartphone nicht 10 Jahre alt sein muss. Etc. pp. Und natürlich müssen die Kommunen dafür besser ausgestattet werden – aber zweckgebunden auch für den Ausbau von Flüchtlingsunterkünften,für Integration, für Bildung. Man kann doch nicht über die steigende Zahl von Kindern jammern, die ertrinken und gleichzeitig dafür sorgen, dass Schwimmbäder geschlossen werden müssen. Und man kann kaum über den zunehmenden Rechtsruck lamentieren – und die Schulen haben zu wenig Geld für demokratische Bildung, für ausreichend Unterricht, für moderne Klassenzimmer.
Nein, die Grünen hatten daran kein Interesse. Sie haben sich kaufen lassen, mit 100 Milliarden für Klimaschutz. Jetzt ist es nicht so, dass die nicht nötig wären – aber über 10 Jahre ist das eher Kleingeld. Das wird vorne und hinten nicht reichen. Denn wenn man weiß, dass die allermeiste Technologie heute aus China kommt – der weiß, dass wir aus Gründen der Sicherstellung der Energieversorgung und der Umsetzung von Klimaschutz in Europa eine eigene Fertigung brauchen. Und da die ein bisschen teurer ist als das Zeugs aus China, das wir ihnen verkauft haben, muss das entsprechend subventioniert haben. Denn die größte Sicherheit entsteht aus Unabhängigkeit von Lieferanten, die eigene Interessen haben, die den unseren entgegenstehen könnten. Oder dass Technologie womöglich aus der Ferne abgeschaltet werden könnte. Von Rechtsextremismus in diesem Land ganz abgesehen – auch dazu wollen ja SPD und CDU nix. 1000 untergetauchte Rechtsextreme zählen weniger als ein RAF-Rentner.
Dabei zeichnen sie – und viele Grünenfans – jetzt das Bild eines Erfolgs

Mehr ist es nicht.
Die Grünen haben versagt, auf ganzer Linie. Sie haben Friedrich Merz erst die Taschen gefüllt und ihm die Tür zum Kanzleramt geöffnet. Anstatt die Union in die Situation zu bringen, eine Regierung mit einem anderen Kanzler aufstellen zu müssen. Weil Merz an der Stelle nicht nachgeben wollte. Ohne Merz wäre auch die Wahrscheinlichkeit geringer geworden, dass seine Boy- und Girlgroup aus Linnemann, Klöckner, Spahn und so weiter Minister werden. Die Grünen hatten eine große Chance. Sie haben 3 Tage lang Opposition gespielt – und hatten dann wohl keine Lust mehr, sich für mehr als für Klimaschutz einzubringen. So schmerzlich wie es ist: sie können keine Opposition. Und das ist ein Problem für die Demokratie.
Danke Jörg! Liest sich nicht nur wunderbar sondern bringt es auf den Punkt.
Die soziale Schieflage wird sich verschärfen, die Schaffung des 2. und 3.-Klassen-Bürgers wird weiter gefördert und das Klima ist nach wie vor Stiefkind.
Dafür gibt es mehr Rüstung, neue Straßen für Verbrenner und an den Aktienkursen werden wir wieder erkennen, wer die wahren Profiteure dieser enormen Schulden sind.